Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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122 6. Paläontologische und biologische Argumente.

lich macht, daß man es hier mit unmittelbaren, d. h. transatlantischen Beziehungen zu tun habe. Diese transatlantischen Beziehungen sind durch die Wegenersche Theorie ohne weiteres zu erklären. Denkt man sich den nach dieser Theorie von Europa—Afrika abgebrochenen und westwärts abgeschobenen amerikanischen Kontinent wieder zurückgeschoben und an Europa—Afrika angeschmiegt, so würden die jetzt weit getrennten Sondergebiete rechts und links vom Atlantischen Ozean meist zu einem einheitlichen Gebiet zusammenfließen. Es würde dadurch ein höchst einfaches Verbreitungssystem erzielt werden ..." Im Nordatlantik werden diese transatlantischen Beziehungen auch von jugendlichen Formen, im Südatlantik nur von altertümlichen gebildet, wieder in Übereinstimmung mit dem Umstand, daß sich der Atlantik vom Süden nach Norden geöffnet hat.

Nach Besprechung der aus unseren Abbildungen ersichtlichen komplizierten Beziehungen im Gebiet Vorderindien, Australien, Neuseeland heißt es weiter:

„Die Wegenersche Theorie von der Kontinentenverschiebung bietet eine auffallend einfache Erklärung für diese verschiedenen überseeischen Beziehungen der Oligochätenfauna Vorderindiens. Betrachten wir die Wegenersche Kartenskizze über die mutmaßliche ungefähre Konfiguration der Kontinente im Karbon (Abb. 30, östliche Hälfte), so sehen wir zunächst, daß das vor Auffaltung des Himalaja langgestreckte Vorderindien bis nach Madagaskar reichte und sich mit seiner Westseite, dem jetzigen Howascolex-distrikt (Curg-Mysore), unmittelbar an Madagaskar, dem zweiten Fundort von Howascolex, anschmiegte: Einfache Erklärung für die transozeanische Beziehung des Westdistriktes von Vorderindien. Ferner sehen wir, daß die australisch-neuseeländisch-neuguineen-sische Scholle, südlich mit der antarktischen Scholle im Zusammenhang stehend, mit ihrem nördlichen Kopfende (Neuguinea) in den Meereswinkelraum (den späteren Golf von Bengalen) zwischen Vorderindien und Hinterindien samt der malaiischen Scholle hineinragt. Es ist anzunehmen, daß diese australische Scholle in noch früherer Zeit mit ihrer Westseite an die Ostseite Vorderindiens angelagert gewesen seil). Es konnten sich in diesem Zusammenhang

J) Es hindert gewiß nichts, diesen Zusammenhang auch noch für die Karbonzeit und vielleicht noch erheblich länger anzunehmen. Die Lücke in meiner Karbonkarte bedeutet nur, daß mir bisher jeder Anhalt für einen Landzusammenhang hier fehlte, da eben dieser Teil der Ostküste des verlängerten Vorderindiens in Hochasien zusammengefaltet liegt und auf Kongruenz mit dem australischen Schollenrand nicht geprüft werden kann.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003