Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

6. Paläontologische und biologische Argumente. 119

Floren, die ein ähnliches Klima fordern,.auch nur annähernd unter dieselbe Breite zu bringen, da die Wilcoxflora viel nördlicher zu liegen kommt als die südenglische. Schieben wir dagegen entsprechend Wegeners Auffassung Amerika an Europa—Afrika heran, so kommen mit einem Schlage beide Floren in dieselbe Breite zu liegen, und den von ihnen gestellten relativ gleichen Klimaansprüchen ist ohne weiteres Genüge getan. Hier ist tatsächlich ein Fall vorhanden, wo nur die Verschiebungstheorie bestehende Widersprüche restlos zu lösen vermag, während die Brückentheorie wohl das Vorhandensein ähnlicher Floren auf heute getrennten Großschollen erklären, aber nicht die erforderliche Klimagleichheit herstellen kann. Die Permanenztheorie muß für diese Frage überhaupt als unzulänglich abgelehnt werden."

„Was wir hier für zwei Floren nachwiesen, gilt ebenso auch für die Areale vieler Gattungen, die in die Tropenzone zu liegen kommen. Auch hier ist die Rekonstruktion derselben auf einem größten Kreis nur möglich, wenn Amerika an Zone 2 (Europa—Afrika) herangeschoben wird, da bei heutiger Kontinentallage der Äquator in Zone l (Amerika) zu weit südlich verlaufen würde. Schon oben machten wir auf diese Schwierigkeit aufmerksam, um jetzt erst in der Verschiebung ein Mittel zu ihrer Beseitigung zu erkennen. Somit ist hier zum erstenmal gezeigt worden, wie auch vom bio-geographischen Standpunkt aus der Verschiebungstheorie gegenüber der Brückentheorie der Vorzug zu geben ist."

Diese letzten Betrachtungen Irmschers leiten bereits auf das Gebiet der Paläoklimatologie hinüber, das wir erst im nächsten Kapitel behandeln wollen.

Eine Fortsetzung dieser wichtigen Arbeit von Irmscher bildet die Dissertationsschrift von Studt über „die heutige und frühere Verbreitung der Koniferen und die Geschichte ihrer Arealgestaltung" [152], der eine kürzere von Koch über den gleichen Gegenstand [153] vorausgegangen war. Obwohl diese beiden Autoren in verschiedenen botanischen Fragen nicht übereinstimmen, kommen sie doch hinsichtlich der Verschiebungstheorie beide zu dem gleichen Ergebnis. So sagt Koch: „Das rezente und fossile Vorkommen der Koniferen steht mit der Polwanderungs- und Verschiebungstheorie völlig im Einklang und ist nur durch sie befriedigend zu erklären." Und weiter: .. . „Denn wir verstehen jetzt unter anderem, warum nahverwandte Araucarienarten in zwei verschiedenen, durch weite Weltmeere getrennten Erdteilen vorkommen, warum Podo-


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003