Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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5. Geologische Argumente. 93

geschleppt, die lange Insel um mehr als 90° herumdrehend und halbkreisförmig biegend. Eine tiefe Rinne blieb hinter ihr zurück und bezeugt die Gewaltsamkeit dieses Vorganges, da das Sima sie noch nicht wieder auszufüllen vermocht hat.

Es wird manchem kühn erscheinen, solche Schlüsse allein aus der Tiefenkarte zu ziehen. Aber diese erweist sich fast überall als zuverlässiger Wegweiser für die Schollenbewegungen namentlich der letzten Zeiten.

Auch im Sunda-Archipel weisen zahlreiche Einzelergebnisse auf die Richtigkeit unserer Anschauungen hin. So erklärte z. B. Wanner [96] die tektonisch unerwartete Tiefsee zwischen Buru und Sula Besi dadurch, daß ersteres sich um 10 km horizontal verschoben habe, was sich gut in unsere Vorstellungen einfügen läßt. G. A. F. Molengraaff [97] gibt eine Karte der Sunda-Inseln, in welcher das Gebiet mit um mehr als 5 m gehobenen Korallenriffen eingetragen ist. Dies Gebiet deckt sich überraschend mit dem, in welchem nach der Verschiebungstheorie die Sialmassen durch Zu-sammenschub sich verdicken müssen, es ist nämlich, abgesehen von der Südwestküste Sumatras und Javas, das ganze vor der australischen Scholle liegende Gebiet bis Celebes einschließlich, sowie die Nord-und Nordwestküste von Neuguinea. Nach Gagel [98] gibt es in Neuguinea am Kap König Wilhelm und nach Sapper [99] auch auf Neu-Pommern ganz junge Terrassen, die 1000, 1250, ja vielleicht fast 1700 m gehoben sind. Diese sehr auffallende Erscheinung deutet jedenfalls auch darauf hin, daß hier in jüngster Zeit ganz gewaltige Kräfte zur Äußerung kamen, und paßt somit gut zu unserer Vorstellung von der Kollision dieser Teile.

Da gerade bei den Sunda-Inseln die Folgerungen aus der Verschiebungstheorie auf den ersten Blick so phantastisch anmuten, ist es gewiß beachtenswert, daß die holländischen Geologen, die im Sunda-Archipel arbeiten, mit die ersten waren, die sich auf den Boden der Verschiebungstheorie gestellt haben, allen voran Molengraaff, der schon 1916 für sie eintrat [91], später auch van Vuuren [92], Wing Easton [93], Escher [95] und neuerdings ganz besonders Smit Sibinga [94], der eine vollständige Darstellung der geologischen Entwicklung des Sunda-Archipels vom Standpunkt der Verschiebungstheorie aus gegeben hat, wobei er auch zu einer Lösung der alten Frage nach der Entstehung der eigenartigen Formen von Celebes und Halmahera gelangt. Er kommt zu dem Schluß: „Die kleinen Sunda-Inseln, Celebes und die Molukken


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003