Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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5. Geologische Argumente.

weilen dahingestellt bleiben; denn wenn man auch das Profil des atlantischen Meeresbodens völlig genau kennte, so bliebe doch unklar, ein wie großer Teil dieser Massen aus Basalt besteht und ursprünglich unter den beiden heutigen Kontinentalschollen ihren Platz gehabt hat und erst beim Trennungsprozeß durch „Ziehen" des Materials unter diesen herausgezerrt wurde oder herausgeflossen ist. Dieser Teil dürfte aber bei der Rekonstruktion nicht berücksichtigt werden.

Weniger als über die atlantische Spalte ist in geologischer Hinsicht über die anderen von uns angenommenen Kontinentalzusammenhänge zu sagen.

Madagaskar besteht wie das benachbarte Afrika aus einer Tafel gefalteten Gneises mit nordöstlicher Streichrichtung. An der Abrißlinie sind beiderseits identische marine Sedimente abgelagert, welche andeuten, daß seit der Trias beide Länder durch einen überschwemmten Grabenbruch getrennt waren, was auch die madagassische Landfauna verlangt. Aber noch in der Mitte der Tertiärzeit, als Indien bereits abgerückt war, sind nach Lemoine [87] zwei Tiere, der Potamochoerus und der Hippopotamus, von Afrika eingewandert, die, wie Lemoine meint, höchstens einen Meeresarm von 30 km Breite durchschwimmen konnten, während jetzt der Kanal von Mozambique gut 400 km breit ist. Erst nach dieser Zeit kann sich also die madagassische Scholle auch untermeerisch von Afrika losgerissen haben, wodurch sich der weite Vorsprung erklärt, den Vorderindien in der Verschiebung nach Nordosten gegenüber Madagaskar bekommen hat.

Ein nicht unwesentliches Moment im Bau von Afrika sind die meist nordsüdlich verlaufenden und besonders in Ostafrika ausgebildeten Brüche. Evans hat in einer interessanten Untersuchung über Erdgebiete mit Zug [107] unter manchem anderen, was für die Verschiebungstheorie spricht, besonders diesen Punkt betont: „Vieles von der Struktur des afrikanischen Kontinents muß noch bestimmt werden; aber soweit sie bekannt ist, scheint sie die Ansicht zu stützen, daß überall das Vorwalten eines Zuges zu erkennen ist, der vom Zentrum nach außen gerichtet ist. Dies ist in Übereinstimmung mit Wegeners Auffassung, daß es zu Beginn der mesozoischen Zeit einen großen ,Urkontinent' gab, dessen Zentrum Afrika war, und daß er seitdem aufgebrochen ist durch eine relative Bewegung ., Südamerikas nach Westen, Westantarktikas nach Südwest, Indiens


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003