Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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4. Geophysikalische Argumente. 37

Das Problem meldete sich aber immer dringender, je zahlreicher die Lotungen auf den Weltmeeren wurden und je schärfer hierdurch der Gegensatz zwischen den weiten, ebenen Tiefseeflächen und den gleichfalls ebenen, aber etwa 5 km höher liegenden Kontinentalflächen herausgearbeitet wurde. 1918 schrieb E. Kayser [34]: „Gegenüber dem Rauminhalt dieser Steinkolosse (der Kontinentalblöcke) erscheinen alle festländischen Erhebungen unbedeutend und geringfügig. Selbst Hochgebirge wie der Himalaja sind nur verschwindende Runzeln auf der Oberfläche jener Sockel. Schon diese Tatsache läßt die alte Ansicht, nach der die Gebirge das maßgebende Gebälk der Kontinente darstellen sollen, heute unhaltbar erscheinen... Wir müssen vielmehr umgekehrt annehmen, daß die Kontinente das Ältere und Bestimmende, die Gebirge aber nur nebensächliche jüngere Gebilde darstellen."

Die Lösung, welche die Verschiebungstheorie für dieses Problem liefert, ist so einfach und naheliegend, daß man kaum meinen sollte, daß sie Anlaß zu Widerspruch geben könnte. Trotzdem haben einige Gegner der Verschiebungstheorie Versuche gemacht, eine andere Erklärung für das doppelte Häufigkeitsmaximum der Höhen zugeben. Aber diese Versuche sind mißlungen. So meinteSoergel[35], wenn von einem Ausgangsniveau einerseits ein Teil gehoben und andererseits ein Teil gesenkt wird, und das Zwischenstück dann durch Steilerstellung sehr verkleinert wird, so müßten zwei Häufig-keitsmaxima entstehen, den gehobenen und den gesenkten Teilen entsprechend. Und ähnlich meinten G. V. und A. V. Douglas [36], wenn das Ausgangsniveau durch Faltung in eine Sinus-Wellenfläche verwandelt wird, so müßten sich zwei Häufigkeitsmaxima einstellen, die dem Wellenberg und Wellental entsprechen. Beide Überlegungen beruhen auf demselben Grundirrtum, denn sie verwechseln den Einzelvorgang mit dem statistischen Ergebnis. Bei letzterem ist die geometrische Form des Einzelvorgangs ganz gleichgültig. Es handelt sich eben nur darum, ob bei der unendlich großen Zahl von Hebungen und Senkungen, um mit Soergel, oder von Faltungen, um mit Douglas zu reden, zwei Häufigkeitsmaxima vorkommen können, wo doch das Höhenausmaß der Einzelfälle beliebig variiert. Offenbar könnte dies nur dann der Fall sein, wenn irgend eine Tendenz zur Bevorzugung bestimmter Höhenausmaße wirksam wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Für Hebungen und Senkungen sowohl wie für Faltungshöhen kennen wir nur die eine Regel: sie sind um so seltener, je größer sie sind. Daher muß bei


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003