Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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3. Geodätische Argumente. 31

Seit 1921 werden nun mit Hilfe der funkentelegraphischen Zeitsignale fortlaufende Bestimmungen der Längendifferenz zwischen Europa und Nordamerika ausgeführt, die Wanach[179] bis zum Jahre 1925 diskutiert hat. Da es sich hier nur um 4 Jahre handelt, ist es nicht verwunderlich, daß in diesen Beobachtungen eine Vergrößerung des Abstands noch nicht deutlich erkennbar ist. Doch sprechen auch diese Beobachtungen keineswegs gegen eine solche; im Gegenteil, wenn man sie vereinigt, so ergeben sie eine jährliche Bewegung Amerikas nach Westen im Betrage von 0,6m, allerdings ±2,4 m. Wanach schließt: „Einstweilen läßt sich also nichts weiter sagen, als daß eine etwaige Verschiebung Amerikas gegen Europa im Betrage von wesentlich mehr als l m jährlich sehr unwahrscheinlich ist." Und ebenso urteilt Brennecke [229]: „Das so gewonnene Material spricht zwar nicht zugunsten einer Verschiebung der Kontinente in den oben genannten Beträgen, es spricht aber auch keineswegs dagegen. Die Entscheidung muß also noch abgewartet werden." Zu beachten ist, daß bei diesen neuen funkentelegraphischen Bestimmungen die älteren, mit dem Kabel gewonnenen ganz außer • acht gelassen sind. Dies ist zwar insofern berechtigt, als die Kabelbeobachtungen merklich ungenauer sind als die funkentelegraphischen. Es könnte aber doch sein, daß dieser Mangel durch die viel größere Zeitspanne, die dann zur Verfügung stände, ausgeglichen wird und es sich daher dennoch lohnen würde, die alten Beobachtungen mit den neuen zu verbinden. Dies muß den Geodäten überlassen bleiben. Ich zweifle aber nicht daran, daß es in nicht allzu ferner Zeit auch glücken wird, die Verschiebung Nordamerikas relativ zu Europa exakt zu messen.

Auch bei Madagaskar ist man neuerdings auf die Änderung der geographischen Koordinaten aufmerksam geworden. Die geographische Länge des Observatoriums in Tananariva ist 1890 mit Hilfe von Mondkulminationen und nach der Zerstörung und dem Wiederaufbau an gleicher Stelle in den Jahren 1922 und 1925 auf funkentelegraphischem Wege bestimmt worden [180]. Nach einer dankenswerten brieflichen Mitteilung von Professor Ch. Maurain in Paris sind die drei Positionen folgende:

Jahr Längi- ... i . (i r.

1889—1891 . 1922 P. Colin P Colin Mondkulminationen Funkentelegraphie 31' 10'" 7^ 3 10 13

1925 . . . P. Poisson 3 10 12,4


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003