Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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3. Geodätische Argumente.

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und Madagaskars von Afrika. Bei Grönland und Island ist die Bewegung eine ostwestliche, die astronomischen Ortsbestimmungen können also nur eine Vergrößerung der Längendifferenz, nicht der Breitenunterschiede, ergeben.

Man ist nun in der Tat bereits seit einiger Zeit auf diese Vergrößerung der Längendifferenz Grönland—Europa aufmerksam geworden. Der historische Hergang dieser Entdeckung ist nicht ganz ohne Interesse. Als ich die Verschiebungstheorie in ihrer ersten, skizzenhaften Form ausgearbeitet hatte, waren die Längenbestimmungen der Danmarkexpedition nach Nordostgrönland (1906 bis 1908 unter Leitung von Mylius-Erichsen), an denen ich selbst als Assistent teilgenommen hatte, noch nicht ausgerechnet. Es war mir aber bekannt, daß aus dem Arbeitsgebiet unserer Expedition schon ältere Längenbestimmungen vorhanden waren, und daß durch ein Dreiecksnetz die Verbindung dieser älteren, auf der Sabineinsel gelegenen Längenstationen mit der unserigen, am Danmarkshavn gelegenen, erreicht war. Ich schrieb deshalb an den Kartographen der Expedition, J. P. Koch, teilte ihm meine Hypothese der Kontinentverschiebungen kurz mit und fragte, ob unsere Längen-bestimmungen in der erwarteten Weise von den älteren abwichen. Koch machte darauf einen provisorischen Abschluß der Rechnungen und teilte mir mit, daß tatsächlich ein Unterschied von der erwarteten Größenordnung vorhanden sei, daß er aber nicht glauben könne, daß derselbe auf einer Verschiebung Grönlands beruhe. Bei der definitiven Berechnung hat Koch dann die Fehlerquellen mit besonderer Rücksicht auf diese Frage untersucht und kam nun zu dem Schluß, daß die Verschiebungstheorie tatsächlich die plausibelste Erklärung sei [172]: „Aus dem Vorangehenden geht


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003