Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

22 3. Geodätische Argumente.

Schollen. Permanenz nicht der einzelnen Ozeane oder Kontinente als solche, sondern des Tiefseeareals und des kontinentalen Areals im ganzen.

Die ausführliche Begründung dieser neuen Vorstellungen wird den Hauptinhalt dieses Buches bilden.

Drittes Kapitel. Geodätische Argumente.

Wir beginnen die Beweisführung mit dem Nachweis heutiger Kontinentverschiebungen durch wiederholte astronomische Ortsbestimmung, und zwar aus dem Grunde, weil vor kurzem auf diesem Wege der erste wirkliche Nachweis für die von der Verschiebungstheorie vorausgesagte heutige Verschiebung Grönlands erbracht worden ist, und weil diese auch zahlenmäßig gute Bestätigung der Verschiebungstheorie von der Mehrzahl der Forscher vermutlich als ihr exaktester und einwandfreiester Beweis gewertet werden wird.

Es ist ein großer Vorzug, den die Verschiebungstheorie vor allen anderen Theorien mit ähnlich weitreichenden Aufgaben voraus hat, daß sie sich durch exakte astronomische Ortsbestimmungen prüfen läßt. Wenn die Kontinentverschiebungen so lange Zeiträume hindurch tätig waren, so ist es auch wahrscheinlich, daß sie auch heute noch fortdauern, und es ist nur die Frage, ob die Bewegungen schnell genug sind, um sich unseren astronomischen Messungen innerhalb nicht allzu langer Zeiträume zu verraten.

Um hierüber ein Urteil zu gewinnen, müssen wir auf die absolute Zeitdauer der geologischen Abschnitte etwas eingehen. Die Bewertung derselben ist bekanntlich unsicher, aber doch nicht in dem Maße, daß es eine Beantwortung unserer Frage unmöglich macht.

Der seit der letzten Eiszeit verflossene Zeitraum wird von A. Penck auf Grund seiner alpinen Glazialstudien auf 50000 Jahre, von Steinmann auf mindestens 20000, höchstens 50000 Jahre, von Heim nach Berechnungen aus der Schweiz und ebenso von den Glazialgeologen der Vereinigten Staaten nur auf etwa 10000 Jahre geschätzt. Milankovitch kommt durch astronomische Untersuchungen auf einen klimatischen Höhepunkt der letzten Eiszeit etwa vor 25000 Jahren (die Hauptphase derselben Eiszeit allerdings


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003