Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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538 Von Ambon nach Banda. Heimreise durch Indien.

-Wasser schlägt überall durch den porösen Kalkstein durch, ein eigentlicher Wasserlauf findet sich aber, soweit ich gekommen bin, nicht, und in der ersten Hälfte der Höhle ist der Boden fast überall trocken.

Udin, der mich auf diesem Ausfluge nicht begleitete, teilte mir mit, daß sich ähnliche kleinere Höhlenbildungen noch sowohl auf Leïtimor, als auf Hitu vorfinden. Zu einem Besuch derselben fehlte es mir an Zeit, und bleibt eine genauere Untersuchung auch besser einem geschulten Geologen überlassen. Nach meiner Ansicht gestatten aber schon die mitgeteilten Tatsachen einen Rückschluß auf die Bildung der Korallenhöhlen von Ambon. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß die zahlreichen kleinen Höhlen aus dem soliden Fels durch die Brandung herausgenagt, die größeren aber durch die Tätigkeit des fließenden Wassers herausgewaschen sind. Daß das Innere einer Höhle im porösen Kalkstein immer feucht ist, versteht sich von selbst. Aber ein wirklicher Wasserlauf findet sich nicht in Liang Ikan. Zudem ist der Bau der Höhle sehr charakteristisch. Nicht selten sieht man im lebenden Riff parallele Mauern, welche gerade oder ab und zu gekrümmt fortlaufend durch einen Streifen tieferen Wassers getrennt sind. Sie sind meist nicht ganz kontinuierliche Bildungen, sondern werden ab und zu durch schmale Seitenkanäle unterbrochen. Wenn sich schließlich das Geäst dieser emporstrebenden Mauern oben gewölbeartig berührt, wird der Raum zwischen ihnen zu einer Höhle abgeschlossen werden, die in ihrem Bau vollkommen mit derjenigen von Liang Ikan übereinstimmen würde.

Von der Höhle aus begab ich mich nach der Quelle des Batu Gantong, die sich in einem sumpfigen, dicht mit Sagopalmen bestandenen Walde befindet. Über steile Korallenfelsen nimmt das Flüßchen dann weiter seinen Lauf dem Meere zu. In einiger Höhe über Tanalapan bildet es kleine Cascaden, und hier befindet sich die Stelle, der der Fluß seinen Namen, Batu Gantong, hängender Stein, verdankt. Von der 30 Meter hohen, fast senkrechten Felswand hängt ein mächtiger Felsblock grottenartig über; der Fluß windet sich um ihn herum und fällt dann wie ein Schleier in ein kleines Felsenbassin, das er mit seinem reinen, durchsichtigen Wasser erfüllt. Wo die steil überhängenden Felswände es gestatten, klammert sich die Vegetation an, Schlinggewächse überkleiden den Felsen, wo immer ein Felsenvorsprung Anhalt gewährt, strebt ein Baum empor. Dies war mein Badeplatz, wenn ich von meinen anstrengenden Kletterpartien heimkehrte, und das Wasser in dem Felsenbecken unter dem kleinen Fall war von einer Kühle, die mich bis ins Mark hinein erfrischte.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003