Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

Volltext

[Vorige Seite][Index][Nächste Seite]

Terrassierung des gehobenen Riffs. 535

Seit etwa 25 Jahren kommen diese Leute in ziemlicher Menge nach Ambon, Ceram, Buru und Banda und legen auf den Bergen Pflanzungen aller Art an, die sie viel fleißiger bearbeiten und sorgsamer pflegen, als es die nachlässigen Ambonesen tun. Hier und da sitzen sie auch als Fischer am Meere. Meistens sind es nur die Männer, die kommen, um, wenn sie genügend Geld verdient haben, nach einer Anzahl von Jahren in ihre Heimat zurückzukehren. Sie gehen gewöhnlich bis zum Gürtel unbekleidet und machen einen halbwilden Eindruck; dem Namen nach sind sie Mohammedaner. Die kulturbeleckten Ambonesen dünken sich diesen fleißigen Leuten gegenüber, deren Sprache sie nicht verstehen und deren Einfachheit sie verachten, ungeheuer überlegen und sehen auf sie herab, wie die deutschen oder englischen Matrosen auf einen wilden Papua. Auf meinen Exkursionen nahm ich fast immer einige Binungkus als Führer und Träger mit, weil sie mehr leisten und die Berge besser kennen, als die eingeborene Bevölkerung der Insel.

Von einem guten Aussichtspunkte aus sieht man, daß auch die korallenüberzogenen Abfälle der Berge gegen die Bay von Ambon hin terrassiert sind. Noch deutlicher tritt allerdings diese Terrassierung an der Ostküste hervor. Wie sind diese Stufen entstanden? Soweit die Korallen reichen, waren früher die Berge von Ambon ins Meer versenkt; auf dem Gipfel des Gunong Nona findet man in großer Menge riesige Tridacnamuscheln, die mit den noch heute im Meere lebenden identisch sind. Eine Hebung des Landes oder ein Sinken des Meeresspiegels, kurz das, was die moderne Geologie eine positive Strandverschiebung nennt, hat den Korallengürtel aus dem Meere gehoben, und aus dem Umstande, daß die Korallenkalke keinen glatten Mantel, sondern eine stufige Decke bilden, können wir mit Sicherheit schließen, daß diese Strandverschiebung nicht allmählich und in gleichem Tempo, sondern periodisch, ruckweise erfolgt ist. Man könnte glauben, in stationären Zeiten hätte sich die Brandung im Niveau des jeweiligen Meeresspiegels in den abgerundeten Korallenmantel der Berghöhen hineingenagt und so die horizontalen Streifen der Terrassen geschaffen. Was wir vor uns hatten, wären dann Brandungsterrassen, und der Leidener Geologe Professor K. Martin, der ähnliche Terrassen auf den benachbarten Uliassers beobachtet hat, bezeichnet sie auch als solche. Hiergegen aber spricht, daß die horizontalen Flächen der Terrassen stellenweise, wie ich besonders an der Ostküste von Hitu beobachtet habe, eine Breite von einem und selbst mehreren Kilometern haben. Unmöglich können wir annehmen, daß diese Flächen Denudationsflächen eines Riffman-


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
Dieses Buch ist Teil von www.biolib.de der virtuellen biologischen Fachbibliothek..
© Kurt Stueber, 2003