Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Der Palmendieb, Birgus latro. 521

Weißen ist sie bisher noch nicht bestätigt worden. Immerhin hat man auch kein Recht, die Möglichkeit einfach in Abrede zu stellen. Meine ambonesischen Gewährsmänner behaupteten auch, daß der Krebs die steinharten Früchte der Kanari-Bäume zu öffnen verstehe.

Auf Ambon führt er sein Diebesgewerbe ganz vorwiegend bei Nacht aus und verbirgt sich bei Tage in Erdlöchern und unter Wurzeln. Ab und zu sucht er das Meer auf, wie es heißt, um seine Kiemen anzufeuchten. Diese Erklärung seines Meeresbesuchs erscheint mir unwahrscheinlich, denn die Kiemen selbst sind sehr klein; dafür besitzt die Wand der Kiemenhöhle reich verästelte Gefäße und ist zu einer Art Lunge umgebildet. Der Besuch des Meeres gilt vielmehr wahrscheinlich blos dem Fortpflanzungsgeschäft; denn die Eier werden ins Wasser abgesetzt und die Jungen führen eine Zeit lang eine marine Lebensweise. In Ambon war es mir gar nicht leicht, eine Anzahl dieser großen und wohlschmeckenden Krebse für meine Sammlung zu erlangen, denn die Chinesen sind leidenschaftliche Liebhaber ihres Fleisches und bezahlen gute Summen für sie. Sie halten die eingesammelten Krebse, die so groß und schwer werden wie ein mittelgroßer Hummer, eine Zeit lang in der Gefangenschaft und mästen sie förmlich mit Kokosnüssen.

Nachdem ich drei Wochen lang in der Außen- und Innenbai von Ambon gefischt hatte und mich überzeugen mußte, daß alle Hoffnung, in dieser Jahreszeit entwicklungsgeschichtliches Material vom Nautilus zu finden, trügerisch wäre, beschloß ich eine längere Tour nach der Ostseite der Insel zu unternehmen und entweder dort oder an den Küsten der Uliassers meine marinen Sammlungen fortzusetzen. Gegebenenfalls wollte ich auch nach Ceram übersetzen, um mich einige Zeit im Südosten dieser Hauptinsel der südlichen Molukken aufzuhalten. Für dieses Unternehmen brauchte ich zum Transport meiner Sammlungen, Gläser und Konservierungs-Flüssigkeiten ein größeres Boot, und es traf sich günstig, daß Herr Bouman mir eine kleine Prau oder Orembäi von passender Größe für billigen Preis vermieten konnte. Es war ein flaches offenes Fahrzeug von etwa neun Meter Länge, in der Mitte befand sich eine kleine gedeckte Kajüte, von etwa zwei Meter im Geviert, eben groß genug, um mir als Schlafraum, Laboratorium und Stapelplatz für meine Sammlungen und Instrumente zu dienen. Freilich konnte man nur in gebückter Haltung eintreten, und wenn ich bei der Arbeit war und meine Jagdbeute vor mir ausgebreitet hatte, so war es mir zuweilen buchstäblich unmöglich, mich umzudrehen.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003