Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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492 Die Insel Ambon.

malige Vulkane zu erblicken haben, vorgelagert. Eine dichte üppige Waldvegetation überzieht die Höhen, im tiefsten Blau schimmert das Meer, und wenn man von einer Höhe oberhalb der Stadt auf die freundliche Ansiedlung, die leuchtende Meeresfläche der beiden Baien, das bergige, reich bewaldete Gegenüber hinschaut und in blauer Ferne noch die duftigen Höhen des hochgipfligen Ceram entdeckt, so gibt das wirklich ein so strahlendes, farbengesättigtes Tropenbild, daß man das Entzücken älterer und neuerer Reisender bei diesem Anblick wohl verstehen kann. Auch zu ihm gehört aber Licht und Sonne, oder ein sternenklarer Himmel oder leuchtender Mond, und wer Ambon bei schlechter Beleuchtung und trübem Himmel von einem ungünstigen Standorte aus sieht, wird wahrscheinlich enttäuscht sein und den Enthusiasmus der Anderen für übertrieben halten.

Die Stadt ist schon oft beschrieben worden, und da sie für mich wenig Interessantes bietet und nichts Eigenartiges besitzt, will ich mich nicht bei ihr aufhalten. Ich habe dort auch nur kurze Zeit gewohnt. Ambon besitzt ein wenig behagliches Hotel, das entfernt vom Meere, mitten in einem belebten Stadtteil gelegen ist. Ich sah gleich, daß ein Aufenthalt hier für meine Ziele ungeeignet sein würde, und begab mich auf die Suche nach einer passenderen Wohnung. Durch Herrn Dr. Treub hatte ich eine Empfehlung an einen in Ambon ansässigen holländischen Kaufmann erhalten, Herrn A. T. Bouman, der sich mir während meines ganzen Aufenthalts als ein treuer und hilfsbereiter Berater erwiesen hat.

Durch ihn gelang es mir bald, ein hübsches geräumiges Haus dicht am Meere zu finden, das in dem südwestlichen Vorort von Ambon, Tanalapan, einsam und still gelegen war. In dieser Gegend wohnten ausschließlich Eingeborene, und ich war hier vor allen neugierigen Besuchen und sonstigen Störungen sicher. Das Haus lag mitten in einem schönen Fruchtgarten und schaute nur mit einer schmalen Front, die eine kleine Veranda besaß, auf den kleinen Pfad, der von den Eingeborenen bei ihren Wegen nach der Stadt und zurück begangen wird. Das Vorderhaus bestand aus drei Zimmern, darauf folgte eine gedeckte, aber seitlich nur durch niedrige Verschlage abgegrenzte Halle, die ich als Laboratorium benutzte. An sie stieß das Hinterhaus, welches die Küche und Gelaß für die Dienerschaft enthielt. Das Ganze war einstöckig. Das Sparrwerk des Gebäudes war aus den starken Mittelrippen der ungeheuren Blätter der Sagopalme errichtet. Die Wandfüllung bestand aus den nebeneinander gereihten gleichgroßen Stäben, den Mittelrippen der Blattfiedern der-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003