Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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458 Java.

zum selbständigen Reisen im malayischen Archipel unumgänglich notwendig wäre. Es gelang mir denn auch in einigen Wochen, so weit zu sein, daß ich mich einigermaßen verständigen konnte, und in einigen Monaten weit genug, um eine leidliche Unterhaltung zu führen. Nach und nach gewann ich sogar die formlose Sprache lieb, die durch ihren Vokalreichtum und ihre Klangfülle ein wenig an das Italienische erinnert. Und sonderbar, je vertrauter sie mir wurde, um so mehr entschwand das Italienische meinem Gedächtnis, und als ich fünf Monate später auf der Rückreise Italien berührte, sagte ich »suda« statt »basta« für genug, und »tida« statt »no« für nein.

Wagenfahrten in Java sind nicht eben billig, aber höchst angenehm und genußreich. Die Straßen, die wie ein Netz die ganze Insel durchziehen, sind ausgezeichnet. Die Malayen sind seit altersher eifrige Pferdezüchter, und der bedeutende Bedarf Javas wird, außer durch die eigene Produktion, durch Import von den Inseln Sumba, Sumbawa, Rotti und Timor, daneben auch durch celebesische Pferde von Ma-kassar gedeckt. Unsere Wodonga brachte eine ganze Ladung großer australischer Pferde mit, die speziell in Batavia Verwendung finden sollten. Die munteren kleinen Malayenpferde werden gut gehalten und nicht überanstrengt. Von Strecke zu Strecke ist Relais gelegt; kommt eine stärkere Steigung, so steht schon Vorspann von Pferden oder Ochsen bereit, um das leichte Wägelchen den Berg hinauf ziehen zu helfen. Alles vollzieht sich prompt, sicher und ohne Aufregung und Lärmen. Da ist es denn ein wahres Vergnügen, durch die schöne Gebirgslandschaft Javas dahinzurollen. Die javanischen Feldarbeiter, denen der Weiße auf der Landstraße begegnet, verlassen die Straße und kauern mit abgewendeten Gesichtern am Wegrande nieder. Es wäre nach ihrer Anschauung vermessen, dem vornehmen Herrn ins Antlitz zu blicken. Dieser erwidert den demütigen Gruß nicht; das wäre gegen die Etikette, die dem malayischen Feudalsystem entlehnt ist und würde den armen Leuten selbst als unschicklich auffallen. Ich habe aber doch wieder gegrüßt, wenn man mir so viel Höflichkeit entgegenbrachte.

Zuerst ging die Fahrt durch schön bebautes Land, terrassenförmig angelegte Reiskulturen, die durch ein kunstvolles Kanalsystem bewässert oder richtiger zeitweilig unter Wasser gesetzt werden. Dann steigt die Straße das Megamendung-Gebirge hinan, dessen Paßhöhe, der Puntjak, 1500 Meter über dem Meere liegt. Eine schöne Waldvegetation bekleidet den Paß; prächtige Baumfarne aus der Gattung Alsophila stehen zwischen Palmen und breitblätterigen Waldbäumen am Wege. Die breite Straße gewährt dem Licht freien Zugang)


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003