Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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454 Java.

führlicher zu schildern: die berühmte Canarium-Allee, die Palmenquartiere, das düstere Rondel mit den Urostigma-Feigen. Herrlich ist der Blick auf den großen Teich mit dem Palast des General-Gouverneurs am Ufer, dem Inselchen in der Mitte, welches in Vegetation förmlich zu ersticken scheint, den Lotosblumen und blühenden Victoria regia. In den Werken von Mohnike und Rosenberg ist dieser Wundergarten aber schon eingehend geschildert worden, und neuerdings haben Haberlandt in seiner »Botanischen Tropenreise« und Haeckel in seinem Reisebuche »Insulinde« ein so anziehendes und ausgeführtes Bild des jetzigen Zustandes gezeichnet, daß alles, was ich berichten könnte, eine bloße Wiederholung sein würde.

Außer den anderen wissenschaftlichen Anstalten und Versuchsstationen, mit denen Dr. Treub den Garten ausgestattet hat, hat er noch ein gesondertes Laboratorium errichtet, welches einzig und allein zur Gaststätte für fremde Naturforscher bestimmt ist. In erster Linie ist es natürlich der Pflanzenforschung geweiht und wird ausgiebig von Botanikern benutzt. Aus allen Teilen Europas sind sie schon herbeigekommen, um hier monate- und auch jahrelang solche physiologische und biologische Fragen zu studieren, deren Lösung allein inmitten der tropischen Pflanzenwelt möglich ist, möglich nur hier, wo sich die Pflanzenorganismen unter ihren natürlichen Lebensbedingungen finden, nicht daheim im Gewächshaus. Aber auch der Zoolog wird mit offenen Armen aufgenommen. Alle Mittel des Gartens, alle Arbeitskräfte, deren er bedarf, werden ihm unentgeltlich zur Verfügung gestellt, und darüber hinaus hat mir der Rat und die Empfehlung Dr. Treubs auf allen meinen Reisen in Niederländischindien eine mächtige Hilfe gewährt.

Die Fauna der Insel Java, auf der die Holländer schon seit 300 Jahren Niederlassungen besitzen und die sie durch und durch kolonisiert haben, ist natürlich im ganzen gut bekannt. Aber manches Neue läßt sich auch hier noch finden und unendlich viel bleibt zu tun, wenn wir die Tiere nicht bloß als Museumsobjekte und anatomische Präparate untersuchen, sondern ihre ganze Lebens- und Entwicklungsgeschichte studieren wollen. Es interessierte mich besonders, Material von der Entwicklungsgeschichte des javanischen Schuppentiers, Manis javanica, zu sammeln, welches der merkwürdigen und in vieler Beziehung noch rätselhaften Gruppe der Zahnarmen oder Edentaten angehört. Ihren Namen hat diese Gruppe davon erhalten, daß ihr Gebiß hochgradige Reduktionen zeigt. Entweder sind die Zähne ganz verschwunden, oder es sind zahlreiche Zähne vorhanden, die aber des Schmelzes entbehren. Es ist recht fraglich, ob diejenigen Tiere, die


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003