Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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45 2 Java.

Schwimmbad befindet sich hier, das von einem kleinen Wasserlauf gespeist wird. Überall hört man in Buitenzorg neben sich kleine Wasserläufe rieseln, kleine Kanäle, in denen das reichliche Naß, das der Himmel täglich spendet, aufgefangen und zur Bewässerung der Pflanzungen und Felder und zum Hausgebrauch der Bewohner verwendet wird. Denn der Malaye, wie auch der Europäer, der in den Tropen lebt, braucht Wasser, viel mehr Wasser als die meisten Europäer, die fern in der Kulturheimat sitzen. Jeder Mensch badet hier mindestens einmal täglich. Kein Hotel ohne eine Anzahl Badekammern, kein Privathaus, in dem nicht diesem Bedürfnisse sorgfältig Rechnung getragen wird. In Buitenzorg sieht man morgens überall an den Quellen die Eingeborenen ihre Abwaschungen verrichten; da steht denn ein Mann, der sein kleines Töchterlein fürsorglich und behutsam abschwemmt und dann sich selbst das klare Naß über Haupt und Körper rieseln läßt. Auch Frauen der niederen Klassen sieht man öffentlich baden, sie behalten dabei ihren Sarong an und wissen ihn nachher so geschickt mit einem trockenen zu vertauschen, daß die Procedur absolut nichts Unschickliches an sich hat. Nach jedem längeren Marsche, nach der anstrengenden Feldarbeit badet auch der ärmste Kuli, und nur hoch oben im Gebirge, wo die Wassertemperatur immer und die Lufttemperatur morgens und abends eine eisige ist, findet man das Reinlichkeitsbedürfnis etwas abgeschwächt.

Man dürfte wohl recht haben, die Malayen als die reinlichste aller Rassen zu bezeichnen. Das warme Klima allein bewirkt noch keineswegs die Reinlichkeit. Die afrikanischen Neger, die Papuas, ganz zu schweigen von den Bewohnern des tropischen Australiens, sind in dieser Beziehung mit den Malayen gar nicht zu vergleichen. Das Bad wird auch nicht als bloße Erfrischung genommen, sondern als ein wirkliches Reinigungsbad mit sorgfältiger Waschung des ganzen Körpers. Die mohammedanische Religion ist es nicht allein, die diese Wirkung hervorbringt, denn ich sah oft die Haussaneger in Westafrika die Waschung, die ihre Religion vorschreibt, nur markieren, und die christlichen Malayen der Molukken sind nicht weniger reinlich als ihre mohammedanischen Brüder.

Selbst die kultivierten Europäer lassen es in ihrer Heimat noch im allgemeinen an gründlicher und regelmäßiger Reinigung des Körpers fehlen. Es sollte doch absolute Regel für jeden sein, täglich einmal den ganzen Körper vom Gesicht bis zu den Zehen gründlich abzuwaschen. Aber nicht einmal unter den Gebildeten und Wohlhabenderen ist auf dem Kontinente diese eigentlich selbstverständliche Sitte verbreitet. Den Kindern gibt man bis zum zweiten


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003