Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Tropische Küstenlandschaft. 397

Vor der Abfahrt machte ich noch eine Aufnahme des Strandes bei Parimata, wobei sich eine Kinderschar aus eigenen Stücken als Staffage einfand, die Douglas malerisch gruppierte und deren Stillhalten er väterlich überwachte. Ich gebe diese Photographie hier wieder, nicht weil sie etwas charakteristisches enthält, sondern weil sie das Bild einer tropischen Küstenlandschaft schlechthin zur Anschauung bringt. Solche Landschaften: Strand mit Kokospalmen und farbigen Menschen, sieht man in Westindien wie in Afrika, auf Ceylon wie auf Celebes, und der Globe-Trotter oder der Seemann, der jene Küsten nur flüchtig berührt, und sich nicht die Mühe gibt oder nicht die Zeit hat, etwas mehr in die Tiefe zu dringen, kommt leicht zu der Vorstellung, daß die Tropen der ganzen Welt sich ungemein ähnlich sähen. Dieser weitverbreitete Irrtum wird noch weiterhin dadurch genährt, daß manche Reisende in so allgemeinen Wendungen von Palmen, Lianen und Orchideen, Papageien und Riesenschlangen, den Wilden und ihrem Tun und Treiben sprechen, daß ihre Schilderungen für die tropischen Küsten aller Oceane in gleicher Weise passen.

Die Entfernung von Aroma bis zum Südkap, unserem nächsten Bestimmungsort, ist eine beträchtliche und mißt etwa 300 Kilometer, die wir mühsam gegen einen frischen Südostwind zu kreuzen hatten. Die Bewohner der Küstenstriche, an denen wir vorbeifuhren, besonders die von Cloudy-Bay und Orangery-Bay, waren als wild und verräterisch gefürchtet. Nur an ganz wenigen Orten lebten Missionäre unter ihnen, und der Einfluß der Regierung auf diese Distrikte war ein kaum nennenswerter.

Erst am vierten Tage kamen wir am Südkap an, das in Wirklichkeit gar nicht das Südkap von Neu-Guinea, sondern eine der Südspitze vorgelagerte Insel ist, die mit ihrem einheimischen Namen Suau heißt.

Auf dieser ganzen Fahrt hatten wir wieder unsere Not mit dem Kapitän, der die Segel, sobald ein einigermaßen kräftiger Wind blies, gar nicht kurz genug reffen konnte und das Focksegel bei wirklich starkem Winde immer ganz einzog, wodurch er bewirkte, daß wir beim Lavieren gar keine Fahrt machten. Vor dem Focksegel hatte er überhaupt großen Respekt. Kamen wir an einen Ort, bei dem wir vor Anker gehen wollten, so holte er es regelmäßig zu früh herunter und die Folge war gewöhnlich, daß wir gegen die Strömung nicht weiter vorwärts kamen und in drei statt in einem Kilometer Entfernung vom Lande ankern mußten, wodurch aller Verkehr zwischen Lugger und Festland erschwert war. Das sind Kleinigkeiten,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003