Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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370 Neu-Guinea. Von Jule Island bis zum Südkap.

retten, und deshalb sei es Pflicht der katholischen Mission, überall hinzugehen und die wahre Lehre zu verbreiten.

Am Abend kam ein Bruder aus Babiko am St. Josephs-Fluß in Mou an und sagte, er hielte es für unmöglich, daß wir augenblicklich den Fluß, sei es im Boot, sei es zu Fuß am Ufer entlang gehend, aufwärts vordrängen. Am Mount Jule seien in den letzten Wochen so starke Regen gefallen, daß der Strom und seine Nebenflüsse unbefahrbar seien, und daß auch eine Landreise mit Trägern und Gepäck unmöglich wäre. Er selbst hätte neunmal auf seiner kurzen Reise kleine Flüsse durchwaten müssen, wobei ihm das Wasser bis an die Schultern ging und er zweimal schwimmen mußte. Am nächsten Morgen ging ich mit Vater Hubert auf schmalen Pfaden der Eingeborenen, die durch das hohe Gras führten, bis in die Nähe des Flusses. Wir fanden aber in der Tat das Land durch die Überflutung und reißende Gewalt der Wasserläufe so unwegsam, daß ich es für das beste hielt meinen Plan ganz aufzugeben, den St. Josephs-Fluß weiter aufwärts zu dringen. Unmöglich wäre die Reise allerdings nicht gewesen, aber zeitraubend und schwierig, und da ich doch nichts besonderes gerade in dieser Gegend suchte, schien es mir richtiger, meine Streifzüge ins Land hinein an Örtlichkeiten zu unternehmen, in denen keine Ausnahmezustände herrschten. Hatte ich doch noch die Flutzeit am Burnett und Auburn in lebhafter Erinnerung.

Auf dem Rückweg nach dem Dorfe trafen wir eine Schar junger Männer, die eben von einer erfolgreichen Känguruhjagd zurückkehrten. Sie hatten zwei starke Männchen der Känguruh- oder, richtiger ausgedrückt, Wallaby-Art Macropus agilis erlegt, die nicht nur in Neu-Guinea, sondern auch in den nördlichen Teilen von Australien vorkommt. Sonst besitzt Neu-Guinea nur noch eine Macropusart, M. browni, die auf Neu-Guinea und Neu-Pommern beschränkt ist. Eine dieser sehr nahe verwandte Art, Macropus brunii, kommt auf den Aru- und Kei-Inseln vor. Außer diesen beiden großen Wallabies bestand die Jagdbeute aber noch aus einer größeren Anzahl, ich glaube fünf oder sechs kleineren wallabyähnlichen Beuteltieren, Dorcopsis luctuosa. Die Gattung Dorcopsis ist auf Neu-Guinea beschränkt und zeichnet sich vor den echten Macropodiden durch relativ kürzere Hinter- und relativ längere Vorderbeine aus.

Die Papuas können sich als Jäger in keiner Weise mit den Australiern messen. Weder kennen sie die Zeichen des Wildes so gut, noch verstehen sie sich wie jene auf die Birsch, noch auch sind sie in der Handhabung ihrer Waffen annähernd so geschickt. Ihre


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003