Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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356 Neu-Guinea. Von Jule Island bis zum Südkap.

Neu-Guinea, auf Timor, Java und besonders Sumatra von solchen Graswäldern bedeckt, die aus dem 3—4 Meter hohen Saccharum spontaneum und Anthistiria mutica, aus Imperata arundinacea, dem berüchtigten Alang-Alang-Gras und verschiedenen Scirpus- und Cyperusarten bestehen. Nirgends allerdings erreichen dieselben in den Tropen solche Ausdehnung und machen das Land so unzugänglich und unbewohnbar, wie es das berüchtigte Stachelschweingras oder Spinifex, Triodia irritans in Australien tut, das im Norden und Nordwesten von Lake Eyre durch zehn Breitengrade hindurch Hunderte und aber Hunderte von Kilometern bedeckt.

Nachdem ich mich mit Mühe, zerschrammt und beinah gesotten, aus dem Graslabyrinth herausgearbeitet hatte, kehrte ich zur Missionsstation zurück und nahm mit den Missionären im Freien auf einer schattigen Veranda das Mahl ein. Nach dem Essen ging ich mit Herrn Douglas und einem der Brüder namens Joseph nach den beiden kleinen Dörfern, die eine gute halbe Stunde nordwestlich von der Missionsstation an der westlichen, also dem Festlande abgewandten Küste der Insel liegen. Das erste heißt Siria, und das andere dicht daneben gelegene Ireirina, beide zusammen Roro. Beide Dörfer liegen dicht am Strande, aber doch ganz auf dem festen Lande, umgeben von Kokosnuß- und Bananenpflanzungen. Die Häuser stehen auf den zähen und tragfähigen, aber krumm und unschön gewachsenen Mangrovestämmen, und der aus parallel gelegten Stämmen gefügte Fußboden des Wohnraums ist mindestens ein, zuweilen 2—3 und mehr Meter über den Erdboden erhöht. Dies ist eine sehr weise hygienische Maßregel, »denn, so schrieb ich in der ersten Auflage, das Wohnen und Schlafen unmittelbar über der Erde ist in einem feuchten Tropenlande stets bedenklich, weil gerade die Bodenschicht der Luft die gefährlichen Malariakeime enthält. Auch gegen die in dieser Gegend sehr lästigen Moskitos gewährt diese Bauart einen Schutz, weil man in den Zeiten, in welchen die Blutsauger allzu lästig sind, ein qualmendes Feuer auf der Erde unter der Hütte anzünden kann, das die Schlafenden beräuchert und die Tiere vertreibt«. Auf Grund der neuesten Malariaforschungen sehe ich, daß beide Schädlichkeiten sich decken, und dass der Schutz gegen die Moskitos gleichzeitig einen solchen gegen die von ihnen übertragenen Malariakeime bedeutet (vgl. S. 343). Weniger zu billigen ist vom hygienischen Standpunkte die Sitte, die Toten direkt unter dem Hause zu begraben. Die Seitenwände der Häuser, wofern sie nicht fehlen und die Häuser nicht an den Seiten einfach offen und nur durch das vorspringende Dach geschützt sind, bestehen meist aus Gras- und


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003