Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Übertragung der Malaria durch Moskitos. 343

griffe auf unsere Rinderherden erweisen sich die Moskitos als Feinde des Menschengeschlechts. Auf grund der Forschungen Bancrofts und P. Mansons wissen wir, daß der gefürchtete Blutparasit Filaria bancrofti (sanguinis hominis), ein Fadenwurm, durch die Stiche von Stech- und Gabelmücken auf den Menschen übertragen wird, und einem Schüler Mansons, Roland Ross, verdanken wir seit wenigen Jahren') den noch wichtigeren Nachweis, daß der Erreger der Malaria, ein »Plasmodium malariae« genannter Mikroorganismus, der zu den Sporozoen, nicht zu den Bakterien gehört, durch den Stich von Gabelmücken, Arten der Gattung Anopheles, auf den Menschen übertragen wird. Die Mücke infiziert sich durch Blutsaugen an einem an Malaria leidenden Menschen und überträgt dann ihrerseits die Infektion durch das plasmodienhaltige Sekret ihrer Speicheldrüsen auf gesunde Menschen. Diese Erkenntnis, an deren Ausarbeitung bis in alle Einzelheiten zahlreiche andere Forscher mitgewirkt haben, ich nenne von Italienern besonders Bastianelli, Bignami, Casagrandi, Celli, Dionisi und Grassi, von Deutschen R. Koch und Schandinn, von Franzosen Laveran, ist nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch von allergrößter Bedeutung. Wir kennen jetzt den Feind, der uns in den Malariagegenden bedroht. Es ist nicht, wie man bis jetzt fast allgemein glaubte, die Ausdünstung der Sümpfe, die »fieberge-schwängerte Nachtluft«, sondern es ist der Stich der infizierten Moskitos. Da Anopheles fast ausschließlich in den Dämmerungs- und Nachtstunden sticht, findet die Infektion fast nie während der Arbeit des Tages statt, sondern in der Ruhezeit des Menschen. Der Schlafende kann sich aber leicht durch Metallnetze vor den Fenstern seiner Behausung und besonders durch Moskitovorhänge, die sein Lager abschließen, schützen. Hat man in der Dunkelheit noch im Freien zu tun, so muß man in Malariagegenden die Gefahr durch Anwendung von Handschuhen und das Tragen eines dichten Schleiers vor dem Gesicht abwehren. Je mehr sich durch solche Vorsichtsmaßregeln die Zahl der malariakranken Menschen in einer Gegend vermindert, um so weniger infizierte Moskitos wird es dort geben, um so seltner werden also auch Neuinfektionen von Menschen erfolgen. So ist es nicht nur denkbar, sondern sogar wahrscheinlich, daß durch eine fortgesetzte Prophylaxe die Malaria in einer Gegend ganz zum Verschwinden gebracht und eine der schlimmsten Gefahren der Tropen, die viele Gegenden nahezu unbewohnbar macht, durch die Geistesarbeit der Forscher beseitigt werden wird.

i) Die Publikationen von Ross datieren aus den Jahren 1897 und 1898.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003