Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Känguruhratte und Bändikut. 185

frischen Spuren unserer harmlosen Gäste um unsern Kochplatz und unsere Speiselaube herum, besonders während meines ersten Aufenthaltes am Burnett, als ich keine Hunde in meinem Camp hatte. Die Tiere waren damals so vertraut, daß sie uns zuweilen abends ganz nahe kamen, wenn wir schweigend und unsere Pfeifen rauchend die Abendkühle genossen. In hellen Mondnächten hörte ich einigemale den grunzenden Brunstschrei des Männchens, das auf nächtliche Liebesabenteuer auszog.

Wird ein Bändikut aus seinem Lager von Hunden aufgestöbert, so läßt es sich nicht lange hetzen, sondern läuft nur soweit, bis es den nächsten hohlen Baumstrunk findet, in den es sich verkriecht. Es vermag seinen Körper in sehr enge Höhlungen zu zwingen, in die ihm kein Hund nachfolgen kann, und es scheint über die Anwesenheit und Natur solcher Verstecke in der Umgebung seines Lagers genau unterrichtet zu sein. Sobald es darin sitzt, blockieren Jack und Topsy den Ausgang, ich führe einen Stecken ein, um zu sehen, wie weit die Höhlung reicht, in deren Tiefe sich das Tier verkrochen hat, und schlage dann mit dem Tomahawk auf die Stelle ein, wo das Tier sitzt. Ist der Baumstamm dick, sein Holz hart und noch nicht morsch, so ist das eine schwere Arbeit, die manchmal eine halbe Stunde und länger dauert und bewirkt, daß meine Hände sich allmählich ganz mit Schwielen bedecken. Am schlimmsten war es, wenn es sich um mächtige gestürzte Baumstämme handelte, die an einem Ende eine große Höhlung besaßen, welche, sich allmählich verengend, spitz nach innen auslief. Die hitzige Topsy drang dann so tief ein, als sie nur konnte, und verkeilte sich einige Male so, daß es ihr unmöglich war, wieder herauszukommen. Durch ihr klägliches Gewinsel wurde ich über die Stelle unterrichtet, wo sie fest saß. Es war aber vergebliche Mühe, einen solchen Riesenbaum mit dem Tomahawk öffnen zu wollen. Stundenweit mußte ich dann in meinen Camp zurückreiten, eine starke Axt holen und den unbesonnenen Wildfang im Schweiße meines Angesichts herausarbeiten.

Zuweilen beförderte mein Beil aus jenen Baumverstecken kein Bändikut, sondern einen Beutelmarder, »native cat« der Kolonisten, »Gumbem« der Schwarzen, heraus, eine Gattung, die am Burnett durch zwei Arten, Dasyurus hallucatus und D. geoffroyi, vertreten wird. Die Beutelmarder sind kleine, aber mutige und blutdürstige Raubtiere, die kleineren Säugetieren und Vögeln nachstellen, im Notfalle auch Insekten nicht verschmähen. Den Kolonisten sind sie sehr verhaßt, weil sie, wie unsere Marder, den Hühnerställen nächtliche


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003