Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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Resignation. 151

von 1 1/2 Zoll Länge gesehen. Ich konnte meine Augen der traurigen Wahrheit nicht länger verschließen, daß ich mein Hauptziel, wenn nicht ganz verfehlt, doch jedenfalls nicht voll erreicht hatte. Zwar hatte ich Anfang November eine Anzahl von Entwicklungsstadien des Fisches erbeutet, aber es war nur eine kleine Menge, die keine ununterbrochene Entwicklungsreihe darstellte und durchaus nicht ausreichte, ein vollkommenes Bild von dem gesamten Werdeprozeß dieses merkwürdigen Geschöpfes zu geben. Das war niederdrückend für mich, denn ich hatte ja gerade auf diesen Punkt meine Haupttätigkeit konzentriert; es war aber eine Tatsache, an der sich nichts mehr ändern ließ, und die ich als gegeben hinnehmen mußte. Noch länger hier zu bleiben, hätte keinen Zweck gehabt, weil ich in den kommenden Monaten nur meine Zeit verloren hätte. Entwicklungsgeschichtliches Material von Beuteltieren oder eierlegenden Säugetieren hätte ich auch in den nächsten Monaten nicht gewinnen können, und bis zum nächsten Juni hier zu warten, wäre ganz zwecklos gewesen.

So faßte ich denn den schweren Entschluß, zu gehen und mich mit den Erfolgen zu bescheiden, die ich errungen hatte, so sehr dieselben auch hinter meinen Erwartungen zurückblieben. Die nächste Woche ging damit hin, den Rest meiner Sammlungen zu packen, in Blechkisten einzulöten, teilweise auch in einem großen mit Spiritus gefüllten Faß unterzubringen. In zwei Fuhren wurde das Gepäck nach Gayndah übergeführt, wo ich das Lagergerät zum Teil verkaufte, zum größeren Teil aber Dahlke als Geschenk und als Belohnung für seine treuen Dienste überließ.

Am 22. Januar brach ich das Lager gänzlich ab und sandte Dahlke mit den übrigen Leuten nach Gayndah, während ich mich selbst nach Coonambula begab, um noch einige Tage mit meinen Freunden zusammen zu sein. Meine Rückkehr an die Küste brauchte ich nicht allzusehr zu beeilen, weil meine Sammlungen, die auf schweren Karren dorthin geführt wurden, natürlich längere Zeit zur Reise brauchten als ich.

Am 26. Januar nahm ich endlich von meinen neu erworbenen lieben Freunden in Coonambula Abschied, der uns allen recht schwer wurde. Konnten wir doch kaum erwarten, uns jemals wieder zu sehen. Am 28. traf ich wieder in Maryborough an der Küste ein und besorgte dort die Weitersendung meiner Sammlungen, die am nächsten Tage eintrafen, nach Europa. Am 30. Januar begab ich mich mit der Bahn nach Brisbane, wo ich nach über fünfmonatlichem Aufenthalt im Busch körperlich wohlbehalten, aber mit. meinen Erfolgen nicht allzusehr zufrieden, eintraf.


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003