Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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82 Das Camp am Auburn.

deshalb ungemein leicht, sich aus ihnen ein Einbaumboot auszuhöhlen. Auch in unsrer Nähe wuchsen einige Flaschenbäume; sie waren aber sämtlich von so riesigen Dimensionen, daß es unmöglich gewesen wäre, aus ihnen ein kleines, handliches Boot herzustellen. Die zweite Sterculia-Art, die man zum Bootbau benützen kann, ist der sogenannte Kurrajong, Sterculia diversifolia, bedeutend kleiner als der bottle-tree und ohne die flaschenförmige Auftreibung des Stammes. Er wächst vereinzelt an den Flußufern, und einen Kilometer flußaufwärts von meinem Camp fanden wir am Auburn ein gut gewachsenes, allerdings etwas kleines Exemplar, zu dessen Bearbeitung wir uns nach einiger Überlegung entschlossen. Der Baum wurde gefällt, und ein etwas über 2 Meter langes und etwas über einen halben Meter im Durchmesser besitzendes Stück des Stammes zur Bearbeitung ausgewählt. Letztere bestand darin, daß wir den Stamm der Länge nach halbierten und nun aus der Achse des einen Halbcylinders den Holzkern mit Axt und Tomahawk vorsichtig bis nahe zur Rinde herausschälten und nur eine tüchtige Holzplatte vorn und hinten stehen ließen. Da das Ganze immer noch eine Menge Holz enthielt und dieses, so lange es frisch war, ein bedeutendes Gewicht besaß, so ging das Boot anfangs ziemlich tief, und ließ sich nur schwer handhaben. Als später das Holz an den über Wasser befindlichen Partien austrocknete und das Boot dadurch leichter wurde, wurde es auch handlicher. Ebenso ging es mit den Rudern, die wir uns ebenfalls aus Kurrajongholz schnitzten. Als ich im nächsten Jahre am Burnett wieder ein Boot zu bauen hatte, wählte ich einen größeren Kurrajong und machte das Boot erheblich langer und breiter. Auch war ich noch sorgsamer bedacht, alles überflüssige Holz bis nahe zur Rinde, besonders an den Seitenteilen, zu entfernen; das Resultat war denn auch ein viel besseres. Das photographische Portrait des zweiten Bootes sieht man hier nebenstehend. Doch hat uns auch das erste Boot unschätzbare Dienste geleistet, zwar nicht beim Auffinden der Ceratoduseier, wohl aber in der Zeit der großen Flut, die bald über uns hereinbrach.

Da mein Vorrat an Mehl, Tee und Zucker sehr zusammengeschmolzen war, und sich auch das Bedürfnis nach einigen andern Gegenständen für den Lagergebrauch herausgestellt hatte, so mußte ich Dahlke mit der Dray nach Gayndah senden, um uns wieder zu verproviantieren. Am Montag den 5. Oktober brach er auf und kehrte schon nach 5 Tagen von Gayndah zurück. Während dieser Zeit war ich ganz allein und hatte alles für mich selbst zu besorgen. Denn den Schwarzen erlaubte ich immer nur in angemessener Ent-


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003