Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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44 Erste Erfahrungen im Busch.

Erde gesteckten Stab gestützt wurden. Vor diesem primitiven Rindenzelt, das einem Kartenhaus gleicht und dessen offene Seite stes dem Winde abgekehrt ist, brennt das Feuer. Dreht sich der Wind und treibt den Rauch oder gar Regen in das Innere, so genügen wenige Augenblicke, um das ganze Bauwerk um seine Achse zu drehen und vom Winde abzukehren.

Die Schwarzen schienen sehr erfreut über mein Kommen, sie versprachen eifrig für mich zu jagen und gleich morgen mit Arbeit zu beginnen. Ich konnte also leichten Herzens und voll froher Erwartungen in mein eigenes Lager zurückkehren und mein nunmehr fertig aufgerichtetes Schlafzelt beziehen.

Diese Nacht war noch kälter als die vorhergehenden und ich wurde jedesmal durch die Kälte erweckt, wenn die Decke, unter der ich schlief, sich verschob und nicht den ganzen Körper bedeckte. Morgens waren die Gräser um das Lager mit Reif bedeckt. Um 8 Uhr morgens war aber die Temperatur schon wieder eine angenehm warme und sie betrug mittags im Schatten des Zeltes 25° C. Ein Teil der Schwarzen hatte sein Versprechen wahr gemacht und war auf den Fang von Echidna ausgezogen.

An diesem Tage wurden wir mit der Einrichtung des Camps so ziemlich fertig. Ich hatte zwei kleine Zelte für mich selbst, eins zum Schlafen und Wohnen, ein anderes als Laboratorium. Dahlke hatte sich aus dem wasserdichten Wagentuch oder Tarpaulin eine Art Zelt errichtet und hier deponierten wir auch unsere Vorräte und Lagergeräte. Die Zelte, die man in Australien verwendet, bestehen aus dünner Leinwand und stellen, wenn aufgespannt, kleine rechteckige Häuschen vor mit schräg abfallendem Dach; der Eingang befindet sich an der einen Schmalseite. Das ganze Zelt wiegt nur wenige Pfund, denn man führt keine Zeltstangen mit sich, sondern baut sich das Gerüst jedesmal von neuem aus frisch gefällten Bäumchen auf. Die vertikalen Teile des Gerüstes werden in die Erde gegraben und so befestigt; die Querstangen legt man in die Astgabeln der vertikalen Träger, so daß eine Querstange auf ein Paar hohen Trägern dem First des Zeltes, zwei niedere rechts und links davon in gleichen Abständen den beiden seitlichen Dachkanten entsprechen. Man streift nun den First des Zeltes über die mittlere Querstange und spannt, die Seitenteile aus, indem man sie an die seitlichen niederen Querstangen mit Stricken festbindet. Geübte Hände können in weniger als einer Stunde die nötigen Bäume fällen, das Gerüst aufschlagen und ein Zelt fix und fertig herrichten. Dasselbe gewährt jedoch nur mangelhaften Schutz gegen die Sonne und gar keinen


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003