Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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40 Erste Erfahrungen im Busch.

einem alten Freunde nähme, der mein vertrauensvolles Entgegenkommen belohnt hatte, und dessen Züge mir ewig unvergeßlich bleiben werden.

Erst nach Anbruch der Dunkelheit erreichten wir nahe Mundubbera den Punkt, wo wir die Straße verlassen und für diese Nacht lagern wollten. Wir machten Halt, spannten die Pferde aus und ließen sie mit gefesselten Vorderfüßen frei weiden. Eben hatten wir ein Feuer angezündet, um unsern Tee zu kochen, da erscholl ein lauter Zuruf, und quer durch den Busch sprengten ein paar Reiter auf uns zu. Es waren zwei von den Schwarzen, die Frank für mich angeworben hatte, und die uns hierher entgegengekommen waren, um uns zu einem Punkte am Boyne zu leiten, den sie für unser erstes Camp für besonders geeignet hielten. Beide waren wohlgewachsene kräftige Männer mit schwarzem lockigem Haupthaar und struppigen schwarzen Barten, mit Hemd und Hose bekleidet, ihre Pferde ein Paar ausrangierte Klepper, die sie einmal als Lohn für geleistete Arbeit auf einer Squatterstation erhalten hatten. Der eine von ihnen, der bei. den Weißen den Namen Garry führte, war der glückliche Besitzer einer alten Winchester Büchse, die er gut zu gebrauchen verstand. Beide erklärten mir ihre sowie ihrer Freunde Bereitwilligkeit, in meine Dienste zu treten, und versprachen, so viele Ameisenigel, Schnabeltiere und Beuteltiere für mich zu fangen und zu erlegen, als ich nur wünschen könnte.

Diese Nacht war noch kälter als die vorhergehenden. Als ich beim Morgengrauen erwachte, sah ich in den Zweigen des Euca-lyptusbaumes, unter dem ich schlief, ein seltsames Geschöpf auf- und abspringen, das durch seine flinken Bewegungen und durch seinen langen buschigen Schwanz einigermaßen an ein Eichhörnchen erinnerte. Lange Zeit beobachtete ich das muntere Tierchen, ohne mich zu rühren. Endlich verließ es den Baum und lief auf den nächsten Nachbarn desselben, der an hundert Schritte entfernt stand, zu. Als ich ihm den Weg dahin abschnitt, lief es zum ersten Baume zurück. Dieser war nur niedrig, ohne dichte Belaubung, ohne ein Astloch, das Unterschlupf gewähren konnte. Ängstlich sprang das Tierchen auf demselben herum, wagte aber nicht ihn zu verlassen und sein Heil in der Flucht auf ebener Erde zu versuchen. Mein Schuß brachte ein starkes männliches Exemplar von Phascologale penicillata herab, von den Kolonisten »Bush-rat« genannt, ein Beuteltier, das den fleisch- und insektenfressenden Beutelmardern (Dasyurus) nahe steht und durch die Form seines Kopfes etwas an die Spitzmäuse erinnert. Die Buschratte macht sich nicht selten zum


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003