Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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32 Erste Erfahrungen im Busch.

wie die Schilfrohre oder Bambuse. Erst vier bis fünf Meter über dem Boden beginnen sie sich zu verzweigen. Mit Hackmesser und Beil hat man sich seinen Weg durch diese Dickichte zu bahnen, was bei ihrer weiten Ausdehnung zuweilen eine ungeheure Arbeit erfordert. Von geringerer Ausdehnung, aber noch unzulänglicher sind die »Mulga-Scrubs«, deren Hauptbestandteil von Zwergakazien (Acacia aneura) gebildet wird. Diese Akazien sind mit so furchtbaren Stacheln bewehrt und bilden stellenweise so dicht verflochtene Hecken, daß ein Durchdringen überhaupt zur Unmöglichkeit wird.

Der Burnett und seine Nebenflüsse haben sich durch ihr periodisches Anschwellen tiefe Betten in das von ihnen durchströmte Land eingeschnitten, die meistens nahezu wasserleer sind. Im wasserleeren Flußbett herrschen in mancher Beziehung für den Pflanzenwuchs ähnliche Bedingungen wie im Scrub: reichliche Bewässerung von unten bei mangelnder Luftfeuchtigkeit. So sehen wir denn auch, wie sich im Bett des Flußlaufs eine ähnliche Vegetation entwickelt wie im Scrub. Auf dem weißschimmernden Sande gedeihen dichte Gruppen von »tea-tree« (Melaleuca linariifolia und Callistemon lanceolata) und von »river-oak« (Casuarina suberosa). Bei hohen Fluten ragen oft nur die Kronen dieser Bäume aus dem Wasser empor, der Grund, in dem ihre Wurzeln verankert sind, wird unterwaschen, und der Fluß bedeckt sich mit Massen entwurzelter Bäume, die. rasch abwärts getragen, auf die Flußufer wie Hobel wirken und auch ihrerseits zur Vertiefung und Verbreiterung des Flußbetts beitragen.

Während die tea-trees und river-oaks in der Tiefe des Flußbetts gedeihen, wird die Höhe des Flußufers von Eucalypten bestanden und zwar herrschen hier die »blue gum« vor, die sich durch ihre milchweiße Rinde vor ändern Eucalyptusarten auszeichnen.

In den südlicheren Teilen Australiens bezeichnet man den neuerdings auch vielfach in Südeuropa angepflanzten Eucalyptus globulus als blue gum. Am Burnett wird diese Art durch eine verwandte (Eucalyptus tereticornis?) vertreten. Die blue gum erreichen eine ungeheure Höhe, und die zwerghaften Exemplare dieser Bäume, die man in Italien sieht, geben eine ganz falsche Vorstellung von den hochragenden und stolzen Gestalten ihrer australischen Eltern. Unter besonders günstigen Umständen kann Eucalyptus globulus eine Höhe von nahezu 120 Metern erreichen; Exemplare von 70 Meter Höhe und 4 bis 5 Meter Umfang sind keine Seltenheit. Noch gewaltigere Dimensionen erreicht Eucalyptus colossea von Westaustralien, und ein Exemplar von Eucalyptus amygdalina im Dandenong-Gebirge bei Melbourne maß 152 Meter, war also etwa ebenso hoch wie der


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003