H. Schenk: Betraege zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln

§ 6. Dendrosuchus

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II. Die basale Region.

§ 6. Dendrosuchus

Die Federbuschform findet sich unter den Compositen bei Kleinia neriifolia in typischer Form, bei den atlantisch strauchigen Sonchus-Arten der Sectio Dendrosonchus WEBB [ CHRIST, Spicileg., S. 169; Veget. S. 504 und S. 472. ] in einer modifizierten Form in Bezug auf die Gestalt des Blattes. Die Canaren beherbergen aus dieser Section 11 verschiedene Arten, von denen Sonchus pinnatus AIT. auch auf Madeira wiederkehrt. Letztere Insel besitzt noch 2 andere Arten, und auch den Capverden ist eine Art eigentümlich. So reiht sich diese Artengruppe von Sonchus an die Tabaybas der Gattung Euphorbia und an die strauchigen Echium-Arten an; sie zeigen die Zersplitterung eines Pflanzentypus in zahlreichen nahestehenden Formen, die oft nur auf eine einzige Insel beschränkt sind. Die meisten dieser Sonchus-Arten gehören der basalen Region an uns sind Bewohner der Felswände der Barrancos, einige aber dringen in den Barrancos höher hinauf in die montane Region, sie bevorzugen also etwas feuchte Standorte im Gegensatz zu den typischen Federbuschpflanzen der basalen Region Euphorbia regis Jubae und Kleinia neriifolia. Als typischer Vertreter ist Sonchus Jacquini DC. (S. fruticosus JACQ., non L. fil.) zu nennen, der auf Tenerife endemisch in Felsspalten der Schluchten des Anagagebirges, an Felsen bei Bajamar und auch an Strandfelsen bei Buenavista vorkommt [ BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 488. ]. Wie Textfig. 25 zeigt, trägt der holzige, mehrere Decimeter lange einfache oder wenig verzweigte Stamm endständige Rosetten von Blättern, die nicht wie bei Kleinia schmal-lineale, sondern breite und tief fiederspaltige Spreiten aufweisen. Durch die Zerschlitzung des Laubes in bewegliche Zipfel wird die Gefahr des Zerreißens durch den Wind bedeutend vermindert. Die übrigen Arten stellen ähnliche kleine Sträucher dar mit gewöhnlich 1/2 m hohen holzigen Stengeln; ihre Blätter sind stets mehr oder weniger tief fiederschnittig, mit breiten oder schmalen Blattzipfeln versehen, die Federbuschform kommt mehr oder weniger zum Vorschein. Zwei Arten dieser Sonchus-Sträucher aber verdienen ganz besondere Erwähnung, Sonchus leptocephalus CASS. und Sonchus arboreus DC. (= Prenanthes arborea BROUSS.), indem sie uns in der extremen Zerteilung ihres Laubes in sehr lange, schmale, biegsame Fiederzipfel eine Pflanzengestaltung vor Augen führen, die in ähnlicher Weise, wie bei der weiter unten behandelten Plocama als eine Anpassung an das windige Klima aufgefaßt werden können. Sonchus leptocephalus CASS., der "Balillo", stellt einen wenigästigen Strauch oder ein Zwergbäumchen von etwa 2 1/2 m Höhe dar, der an der basalen Region an den trockensten Felsen, an exponierten Standorten vorkommt und auf Tenerife häufig ist. Textfig. 25 [ Im Atlas von WEBB und BERTHELOT, Taf. VI, ist dieses Bild mit Prenanthes arborea bezeichnet, es stellt aber wie die Autoren der Phyt., T. III, p. 444 berichtigen, den S. leptocephalus CASS. dar. ] nach WEBB und BERTHELOT giebt eine Vorstellung von seinem Aussehen, und Textfig. 26, 4 von der Gestalt der großen, entfernt stehenden, in schmal-lineale, seidig behaarte Zipfel geteilten Blätter, welche herabhängen und leicht einen jeden Windstoß nachgeben. Sonchus arboreus DC., wird ebenfalls übermannshoch, ist dem vorigen ähnlich gestaltet, nur in allen Teilen kräftiger; er gehört zu den canarischen Endemen sehr lokalen Vorkommens, sein einziger Standort liegt auf der Südseite von Tenerife auf einem erloschenen Vulkan zwischen Santa Cruz und Guimar [ C. BOLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. X, S. 18. ].
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1 Sonchus Jacquini DC. (S. fruticosus JACQU.), 1/10 nat. Gr. 2 Sonchus leptocephalus., 1/14 nat. Gr. Nach WEBB et BERTHELOT, Atlas, Taf. VI (cf. Phytogr. canar., T. III, p. 444).
Beide Arten zeichnen sich aus durch ihren höheren Wuchs und durch ihre fadenförmigen oder sehr schmalen Blattfiedern; auch sind ihre Blätter nicht so dicht in Rosetten angeordnet, während die übrigen Sonchus-Arten viel kleiner bleiben und geschütztere Standorte vorziehen, wo ihre breiteren Blattflächen nahe dem Boden den Winden nicht so sehr ausgesetzt sind. Eingehendere Beobachtungen über die Beziehungen dieser Sonchus-Formen zu ihren speciellen Standortsbedingungen sind noch erforderlich. Besonders hervorzuheben ist aber, daß die beiden strauchigen Arten an exponierten Standorten wachsen, wo sie den Winden preisgegeben sind; beide Arten schließen sich an die Plocama-Form an.
© 2002, Kurt Stüber, MPI für Züchtungsforschung.
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