H. Schenk: Betraege zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln

§ 1. Botanische Erforschung und Litteratur

[Vorhergehendes Kapitel] [Index] [Nächstes Kapitel]

I. Allgemeiner Teil.

§ I. Botanische Erforschung und Litteratur.

ALEXANDER VON HUMBOLDT, der Begründer der wissenschaftlichen Pflanzengeographie, war der erste, der den Einfluß des Klimas und Bodens auf die Pflanzenwelt der Canaren bei Gelegenheit seines mehrtägigen Besuches auf Tenerife 1799 erkennte und eine Schilderung der regionalen Gliederung der Vegetation dieser Insel gab. Kurze Zeit nach HUMBOLDT bereiste BORY DE ST. VINCENT, ein französischer Offizier die Inseln. In seinen 1803 erschienenen Essais über die Geschichte, Bewohner und Natur der Canaren finden wir ein Verzeichnis der canarischen Flora, 467 Arten umfassend, das aber nur ein historisches Interesse beanspruchen kann. Wertvoll ist dagegen die systematische und nach Regionen gegliederte Aufzählung der canarischen Flora, die wir der Reise des Geologen LEOPOLD VON BUCH und seines Begleiters, des norwegischen Botanikers CHRISTEN SMITH verdanken. Beide erforschten nach 12-tägigem Aufenthalt auf Madeira die Insel Tenerifa von Mai bis Oktober 1815. SMITH nahm gleich nach der Rückkehr von den Canaren an der englischen Kongo-Expedition teil und starb am 22. September 1816 am Kongo.

Das grundlegende Werk über die Flora und Vegetation der Canaren wurde geschaffen durch P. BARKER-WEBB und SABIN BERTHELOT, die auf Grund ihrer seit 1820 angestellten langjährigen Forschungen in den Jahren 1836-1850 die große, mehrbändige Histoire naturelle des Iles canaries publizierten. Im ersten Teil des dritten Bandes dieses Werkes aht S. BERTHELOT eine umfassende Darstellung der pflanzengeographischen Verhältnisse nach dem damaligen Stande der Wissenschaft gegeben, während der zweite Teil in mehreren Bänden die umfangreiche Phytographia canariensis mit zahlreichen Pflanzentafeln umfaßt. Auf den Arbeiten beider Autoren fußen alle späteren Darstellungen.

Seit Mitte des vorigen Jahrhunderts hat sodann DR. CARL BOLLE (Berlin), der Nestor der Canaren-Forscher, auf wiederholten Reisen die Flora des Archipels studiert und in einer Reihe von inhaltsreichen und interessanten Aufsätzen unsere Kenntnisse bedeutend erweitert.

J. F. BUNBURY gab in seinem Bericht, 1855 vor der Linnean Society in London, von seinen Beobachtungen auf Madeira und Tenerife eine kurze Darstellung der pflanzengeographischen Verhältnisse beider Inseln.

DR. HERMANN SCHACHT (Privatdozent in Berlin, später Professor in Bonn), welcher den Winter 1855 und 1856 auf Madeira zubrachte, besuchte im März 1857 Tenerife und Gran Canaria; in seinem Buche finden wir Schilderungen der Vegetation der Inseln und manche wertvolle Notizen über die Lebensgeschichte ihrer wichtigsten Gewächse.

DR. F. C. NOLL (Frankfurt a. M.) hielt sich im August und September 1872 auf Tenerife auf und bestieg am 14. und 15. September den Pik. Seine zusammenfassende Schilderung der Naturgeschichte der Hochregion dieser Insel verdient besondere Beachtung.

DR. HERMANN CHRIST (Basel) bereiste die Canaren (Palma, Canaria und hauptsächlich Tenerife) im März und April 1884. Außer seiner anziehenden Reiseschilderung, der "Frühlingsfahrt", verdanken wir ihm die pflanzengeographisch wichtige Arbeit über die Vegetation und Flora der Canaren (1885) und eine neue vollständige systematische Aufzählung aller canarischen Endemen in seinem Spicilegium (1887).

In neuerer Zeit, 1900 und 1901, hat sodann J. BORNMÜLLER (Kustos des Herbariums HAUSSKNECHT in Weimar) die Canaren auf mehrmonatlichen Reisen floristisch erforscht und wertvolle Exsiccaten und Angaben über Standortverhältnisse und kritische Arten geliefert. Auch verfaßte er eine kurze Vegetationsskizze von der wenig besuchten Insel Hierro.

Unter den genannten Autoren ist WEBB und BERTHELOT, BOLLE und CHRIST das Hauptverdienst um die Erforschung der canarischen Pflanzenwelt zuzuschreiben.


Einige allgemeine Betrachtungen über die Beziehungen der atlantischen Inselgruppen untereinander und zu den benachbarten Kontinenten finden sich in der bekannten Abhandlung von Sir. J. D. HOOKER über Inselfloren (1866).

In GRISEBACH's Pflanzengeographie (1872) ist die Vegetation der Canaren nach dem damaligen Stande der Kenntnisse behandelt, während in ENGLER's Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt (1879) die Herkunft der Flora und ihre Beziehungen zur Tertiärflora Südeuropas erörtert sind. Einen vollständigen Katalog der canarischen Flora publizierte FR. SAUER im Jahre 1890.


Auch manche Geologen, Zoologen, Physiker und Geographen, die die Canaren besuchten, haben sich Verdienste um die botanische Erforschung der Canaren erworben, und in ihren Schriften finden sich viele wertvolle Angaben. So enthält das geologische Werk von G. HARTUNG über Lanzarote und Fuerteventura die systematische Aufzählung der von ihm 1854 auf beiden Inseln gesammelten Pflanzen aus der Feder O. HEER's. Prof. Dr. K. VON FRITSCH bereiste Madeira August 1862, die Canaren vom September bis Mai 1863 und brachte in seinen Reisebildern manche botanische Einzelnheiten sowie in seinem Vortrage über die ostatlantischen Inselgruppen eine pflanzengeographische Darstellung der Flora, in welcher er auch die Besiedlung der Inseln behandelt. Professor DR. ALEXANDER KOENIG (Bonn), der im Winter 1888/89 Tenerife besuchte, gab anziehende Schilderungen der canarischen Natur in seinen ornithologischen Forschungsergebnissen. Professor DR. OSCAR SIMONY (Wien) stellte Herbst 1888 und Herbst 1889 physikalische Studien auf den Inseln an; ihm verdanken wir eine Reihe von vorzüglichen Vegetationsaufnahmen. DR. HANS MEYER hielt sich im Frühjar 1894 auf Tenerife auf und bestieg den Pik am 5. und 6. April; sein mit lehrreichen Karten und Abbildungen ausgestattetes Buch über die Insel giebt eine vorzügliche Darstellung ihres Gebirgsbaues und ist auch wertvoll durch die zahlreichen eingestreuten Angaben über die Verbreitung der Formationen.

Verzeichnis der Litteratur über Vegetation und Flora der Canaren.

Reisehandbücher.

Die zahlreichen Reiseschilderungen und Aufsätze allgemeinen Inhalts über Land und Bewohner der Canaren sind citiert in BROWN's Reiseführer, S. g39, in H. CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 247 und H. MEYER, Tenerife, S. 14. Die beiden letztgenannten Bücher werden jeden, der die Inseln besucht, von Wert sein.

Litteratur über Beziehungen der canarischen Flora zur Tertiärflora Europas.

(Zusammengestellt von W. SCHIMPER.)

© 2002, Kurt Stüber, MPI für Züchtungsforschung.
This page is part of Kurt Stübers Online Library.
This page has been created 9 January 2002.