Ernst Haeckel: Briefe an die Eltern

37. Brief

Würzburg, 1. 11. 1853.

Meine lieben Eheleutchen!

. . . Meine neue Wohnung (Nr. 137 im II. Distrikt) gefällt mir sehr gut. Das Zimmer ist allerdings etwas klein, indes habe ich doch meine Sachen alle darin plazieren können und sogar eine Kiste noch unten behalten können. Um Euch eine genauere Vorstellung davon zu geben, füge ich einen Plan vom ganzen Ameublement mit bei, woraus Ihr sehen könnt, wie nett, gemütlich, klein mein jetziges Nest ist. Besonders gefällt mir darin, daß die liebe warme Sonne fast den ganzen Tag von früh 9 Uhr bis nachmittags 3 Uhr mit ihren besten Strahlen zu beiden Fenstern hereinscheint, da das ganze gegenüberstehende Haus klein ist und weit absteht. Dagegen habe ich in dem vorigen trüben und finsteren Loche, das ich eigentlich in einem Anfall von Melancholie bezog, den ganzen Sommer auch nicht eine Stunde die liebe Sonne gesehen. Auch zum Mikroskopieren habe ich jetzt schönes Licht. Mein Mikroskop hat hier riesigen Effekt gemacht und ich muß es aller Welt produzieren. Natürlich werde ich auch tüchtig darum beneidet. Die meisten meinen aber doch: Wenn sie ein ganzes Semester so hundemäßig leben sollten, wie ich getan, um dadurch ein Mikroskop von solchem Werte zu ersparen, so wollten sie lieber darauf verzichten! - . . .




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Erstellt von Christoph Sommer am 01.07.1999