Berg- und Seefahrten (1923)

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heute ein reizendes Dorf am südlichen Abhang des Monte S. Salvatore; auch viele andere Dörfer führen venetianischen Namen. Wie überall, wo die stolze Dogenrepublik geherrscht, so hat sie hier mit rücksichtsloser Grausamkeit und Härte das eingeborene Element sich zu unterwerfen und zu amalgamieren versucht. Nachdem Venedig einmal erst die Insel besetzt, die außerordentlichen Vorzüge ihrer Lage und ihre hohe strategische Bedeutung erkannt hatte, schuf es alsbald aus der Phäakeninsel einen Waffenplatz ersten Ranges; und dieser war ihm bei seinen ferneren Unternehmungen im Mittelmeer und namentlich beim weiteren Vordringen in die Levante vom höchsten Nutzen. Die Stadt selbst wurde mit festen Mauern und Türmen, mit Wall und Graben umgeben, der natürliche Hafen künstlich erweitert und befestigt. Die größte Sorgfalt aber verwendeten sie auf die Befestigung der mächtigen Zitadelle, die durch einen tiefen Graben von der Stadt isoliert wurde. Diesen mächtigen Fortifikationen verdankte die Insel später ihre wiederholte Rettung vor den Türken. Der berüchtigte Seeräuber Barbarossa von Algier (Hairaddin), welcher die Stadt 1537 lange Zeit vergeblich belagerte und die ganze Umgegend verwüstete, mußte endlich unverrichteter Dinge wieder abziehen. Im Jahre 1716 wurde die Stadt aufs neue von 30000 Türken belagert und hart bestürmt. Kommandant der Festung war damals ein deutscher Reichsgraf, Johann Matthias von der Schulenburg. Dieser märkische Edelmann verteidigte die Feste mit nur 5000 Mann auf das ritterlichste gegen die osmanische Übermacht, und als Hunger, Krankheit und Bedrängnisse aller Art die verzweifelnde Stadt beinahe zur Übergabe drängten, flößte ihr der deutsche Held durch eine erdichtete Vision neuen Mut ein und vermochte sie zum Ausharren. Er gab an, daß ihm Sankt Spiridion, der Schutzheilige der Insel, im Traume erschienen sei und seinen Beistand verheißen habe. Der wiederholte Sturm der Türken wurde abgeschlagen, und sie mußten endlich abziehen, nachdem sie über die Hälfte ihres Heeres verloren.

Im Jahre 1797 ergriff Frankreich von Korfu, wie von den übrigen ionischen Inseln Besitz. Später versuchte Rußland, sich desselben zu bemächtigen. Endlich wurde 1815 im Wiener Frieden die ionische Republik gegründet und unter den Schutz Englands gestellt. Korfu wurde die Hauptstadt und der Sitz des ionischen Parlaments. Fast volle 50 Jahre dauerte das Verhältnis und gereichte der Insel zu großem Nutzen. Allerdings waren die meisten Ionier schon nach kurzer Zeit mit der britischen Oberherrschaft unzufrieden, um so mehr, je eifriger sich die Engländer die Aufbesserung vieler verrotteter Zustände angelegen sein ließen. Aber das schnelle Wachstum des materiellen Wohlstandes und die auffallende Besserung vieler Mängel waren doch hinreichend starke Argumente, um die wachsende Antipathie der Ionier gegen die Engländer zurückzudrängen. Und als dann 1864 die britische Krone ihre Oberhoheit freiwillig an die griechische abtrat, als viele Korsioten laut über die vermeintliche Be


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Stüber zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Juni, 2003. Eingabe des Textes durch Kurt Stüber, Oktober, 2003.
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