Berg- und Seefahrten (1923)

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davon möglichst freizuhalten. Diese Seebäder, welche wir jeden Abend nach Sonnenuntergang an einer sandigen Stelle des Strandes nehmen, sind die größte Erquickung. Das Wasser hat fast immer 13-14o, die Luft fast konstant 15-16o R; nur mittags wird es oft etwas heiß, das Thermometer steigt dann (z.B. am Neujahrstage) in der Sonne auf 25-26o. Die Nächte sind nur wenig kühler als der Tag. Im ganzen ist die Temperatur sehr gleichmäßig, so wie die Sonne fast immer in gleicher Klarheit von dem wolkenlosen Himmel herabstrahlt. Regen haben wir erst einmal, am Neujahrstage, bei großer Wärme gehabt.

Das Klima würde herrliche sein und die köstliche Vegetation begünstigen, wenn nicht der absolute Wassermangel die ganze vulkanische Insel zu einer baumlosen und überhaupt pflanzenleeren Wüste machte. In ganz Arrecife und in seiner Umgebung, soweit das Auge reicht, ist nicht ein Baum, nicht ein Strauch, geschweige denn ein Garten oder eine Promenade zu sehen. Selbst die grünen Kaktusfelder, auf denen die Kochenille gezogen wird, beginnen erst in beträchtlicher Entfernung der Stadt.

Die Wege, die von Arrecife nach den wenigen und entfernten Dörfern der Umgebung führen, sind öde Pfade durch schwarze nackte Lavawüsten. Dennoch ist die Lage Arrecifes, im ganzen als großes Landschaftsbild betrachtet, keineswegs ohne Reiz. Ringsum nämlich erheben sich auf der Landseite der Stadt, ein großes Amphitheater bildend, einige dreißig bis vierzig hohe und in schöngeformter Kette zusammenhängende Vulkane, deren höchste bis über 2000 Fuß aufsteigen. Da sie ganz nackt sind und da alle Gegenstände, an denen durch Vergleichung das Höhenmaß bestimmt werden könnte, fehlen, so erscheint jene Vulkanreihe nach bedeutend höher und großartiger, als sie in der Tat ist. Abends werden sie von der untergehenden Sonne mit den prachtvollsten Farben bemalt, insbesondere ein dunkel gesättigtes Violett, welches zu der intensiven Flammenglut des Abendhimmels meist in lebhaftem Kontraste steht. Die Farben des Himmels und des Meeres sind hier überhaupt prachtvoll und sie ersetzen uns einigermaßen den Mangel der wundervollen subtropischen Vegetation, welche uns in Orotava und Icod so manche genußreiche Stunde bereitet hatte.

An Spaziergängen und Exkursionen ist unter diesen Umständen in Arrecife nicht zu denken. Die einzige landschaftlich schöne Partie ist Haria an der Nordseite der Insel, welches wir in den ersten Wochen unseres hiesigen Aufenthalts besucht hatten. Dagegen machen wir täglich eine Exkursion auf das Meer hinaus, um teils mit dem feinen Netze pelagisch zu fischen, teils mit dem Schleppnetz (Dredsche) den Grund des Hafens und der Lagune abzusuchen, welche zwischen Hafen und Kastell liegt. Ein großer Teil dieses frachen Wasserbeckens sowie überhaupt ein großes Stück der flachen vulkanischen Küste wird bei der Ebbe trockengelegt, und zwischen den Steinen finden wir dann eine Menge kleiner Seetiere, Mollusken, Krebse, Würmer usw. sowie sehr schöne, festsitzende Schwämme und Aszidien. Doch ist diese Ausbeute bei weitem nicht so


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Stüber zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Juni, 2003. Eingabe des Textes durch Kurt Stüber, Oktober, 2003.
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