Berg- und Seefahrten (1923)

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kräftigen Bewegung auszusetzen. In den herrlichen Gärten der Villa, voll der seltensten, schönsten und größten Gewächse tropischer Art, brachten wir sehr erquickende Ruhestunden zu und ergötzten uns an dem Anblick des paradiesischen Tales von Orotava mit seiner Masse von Palmen und Drachenbäumen, Bananen und Kolokasien, Bambusen und Bignonien. Est am Nachmittag des 28. November hatte wir wieder so viele Kräfte gesammelt, um nach Puerto Orotava, eine Stunde entfernt, langsam herabzugehen und uns in Herrn Wildprets Botanischen Garten zu erquicken.

Wir blieben die Nacht in Puerto und benutzten die beiden foldenden Tage beim herrlichsten, nur etwas zu heißem Wetter zu einem Ausflug nach der Nordwestseite von Teneriffa. Greef und Fol machten die Tour zu Pferde, Miklucho und ich zu Fuß.

Am Donnerstag, den 29. November, morgens 7 Uhr verließen wir Puerto Orotava und wanderten zunächst längs der Küste nach dem reizenden, am Fuße der Caguadas gelegenen Dorf Realejo. Von dort bis S. Juan de la Rambla führt einer der reizendsten Wege, welche ich kenne, vielleicht der schönste der Kanarischen Inseln. Der Pfad schlängelt sich in zahllosen Windungen bergauf, bergab, an der höchst wilden und malerischen Nordküste hin, meist am Fuße von sehr steil aufsteigenden 2-3000 Fuß hohen Felsen, welche höchst malerisch mit Gruppen von Palmen und Drachenbäumen bewachsen sind, während die tiefen, wilden Schluchten (Barrancos), welche die zerklüsteten Lavarücken scheiden, und in denen frischt Bäche rieseln, mit dem prachtvollsten Grün der Bananen und Kolokasien ausgefüllt sind. Die einzelnen Häusergruppen an diesem überaus schönen Küstenstrich sind sehr malerisch, und ich bedauerte sehr lebhaft, keine Zeit zu Aquarellen zu haben. Die Blicke nach dem östlichen Teil der Insel geben den schönsten Hintergrund. Die folgende Strecke von Rambla bis Icod dagegen ist höchst öde und wüst, die gelben Bimsstein- und schwarzen Lavafelder nur mit kaktisartigen Euphorbien und Kleinien bewachsen. In Icod de los Vinos langten wir um 2 Uhr mittags ganz in Schweiß gebadet an. Gegen Abend gingen wir an den Strand hinunter, wo wir mit Fackeln eine der großen Guanchen-Höhlen besuchten. Die Nacht war eine der flohreichsten auf der ganzen Reise; wir konnten kaum schlafen.

Freitag, den 30. November, gingen wir morgens ganz früh bei dem herrlichsten Wetter in dem schönen Tale von Icod de los Vinos nach dem eine Stunde entfernten Garachico (an der Küste) hinab, uns an der herrlichen subtropischen Vegetation erfreuend: Drachenbäume von märchenhafter Form und Größe, Bananengruppen in der herrlichsten Mischung mit Palmen und Bambusen, prachtvolle Farnkräuter mit efeugleichen Wedeln, Zuckerrohr- und Kaktusfeldern. Um 11 Uhr brachen wir von Icod de los Vinos auf, um auf dem oberen Wege nach Villa Orotava über das Gebirge zurückzukehren. Dieser Weg ist ganz verschieden von


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Stüber zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Juni, 2003. Eingabe des Textes durch Kurt Stüber, Oktober, 2003.
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