"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

72. Brief

Nauheim, den 6. August 1871.




Lieber Herzens-Ernst! Deine zwei lieben, herzigen Briefe hintereinandern, deren rasche Aufeinanderfolge ich freilich Frau Gegenbaur zu verdanken habe, sind mir eine liebe, sehr angenehme Unterhaltung gewesen. Dein Abhandlung über die ekelhafte, unausstehliche W. war uns fast zu lang, soviel hat sie nicht verdient, übrigens ist sie gar nicht unsere Kusine. Ungemein hat mich die Nachricht von der Ankunft eines kleines Mädchens bei Gegenbaurs erfreut . . ., grüße sie herzlichst von mir und schreibe mir bald wieder von ihrem Ergehen! Deine Berichte über die Kinder freuen mich sehr. Daß die Weglassung der Eier bei Lisbeth wegen deren zu großer Stärke geschehen, ist natürlich von Dir hinzuphantasiert, es wäre mir lieber, Du schriebst mir in bezug auf das kleine Liebchen nur die reine Wahrheit, mein großer Flunkerhans, man kann Deinen Erzählungen kaum mehr glauben, Du lieber Schlingel. Otte schrieb dafür vor einigen Tagen von Walter und seinem Schwesterchen, daß der erste ganz Lebenskraft und Lust sei und die Kleine ganz bedeutend kräftiger, als er sie zuletzt gesehen, was mir sehr beruhigend und auch glaubwürdig ist. Du glaubst nicht, lieber Ernst, wie ich mich nach Euch sehne und wie ich Tage und Stunden zähle, die wir noch hier zu bleiben haben! . . .

Deine Beschreibung von der Hildebrandschen Gesellschaft hat mich ungemein amüsiert und auch angeekelt, . . . Scham und Zartgefühl gibt es jetzt wenig mehr, und Du armes, liebes Tierchen zwischen zwei solch frechen Geschöpfen! . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999