"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

50. Brief

Jena, den 22. September 1870.




Lieber Schatz! Ich habe mich sehr über Deinen lieben, wenn auch kurzen Brief gefreut, Du scheinst sehr frisch und munter, und das ist mir bei all Deinen aberteuerlichen Touren eine Beruhigung. Verdenken kann ich es Dir nicht, daß Du die Schlachtfelder besichtigt hast, ich habe es mir schon gedacht. Nur Dein Kampieren im Freien ohne warme Kleidung hat mich sehr beunruhigt, Du hast gewiß mal wieder nur ein paar alte Lumpen auf dem Leib und alles Gute fortgeschickt, Du bist und bleibst unvorsichtig, Du alter lieber Mensch! Ich dächte, nun könntest Du aber genug haben und kämest nach Hause zu Deiner einsamen Frau und dem Kindchen! . . .

Hier ist es furchtbar ruhig in dem kleinen, langweiligen Jena; einige getreue Ehemänner sieht man mit ihren Frauen spazierengehen und ein paar Bräutigame mit ihren Liebsten vorbeischlndern, sonst ist gar nichts zu sehen. Heute haben einige wieder Fahnen herausgesteckt, da das eine Fort von Paris genommen ist . . .

Bei uns ist fortdauernd kaltes, abscheuliches Wetter. Dennoch gehen Putt und ich tapfer spazieren, er läuft jetzt ganz selbstständig neben mir her, und wenn ich mit ihm um den Fürstengraben gehe, freut er sich ungemein über die zwei Opapas, nämlich den alten Schulze und Oken . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999