"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

44. Brief

Jena, den 1. September 1869.




Liebster Ernst! Wie froh war ich, endlich wieder einige Zeilen von Dir zu bekommen und zu wissen, daß Du Dich wohl befindest, Du machst mal wieder eine schöne Reise, Du Schlingel, während Deine liebe kleine Frau zu Hause sitzt und Strümpfe stopft für den Laufstrumpf von Gatten; es ist zu schade, daß ich nicht mit bin, die Reise wäre so ganz passend für meine Kräfte gewesen. Montag gedenke ich nun mit meinem Liebling nach Berlin zu reisen und hoffe, daß alles gut gehen wird. Ich werde den kleinen Kerl so sorgsam wie möglich behandeln . . . Deine Mutter freut sich ungemein auf sein Kommen, wir beide stehen jetzt in eifrigem Briefwechsel, was mich manchmal lächert; sie schreibt aber recht liebenswürdig, die gestrenge Mutter Lotte. Strasburger ist nun abgereist; er besuchte mich manchmal, īs ist ein guter Mensch. Kleienberg war auch einige Male da, hat mich aber nicht getroffen. Schultze ist wie immer mein guter Arzt und Freund und hat mir verordnet, Eisenwasser zu trinken, mein Befinden ist im ganzen befriedigend, nur muß ich die Diät einhalten. Bei Gegenbaurs war ich heute wieder, denke Dir, sie sitzt schon auf dem Stuhl :, . . Der gute Carlo ist sehr glücklich. Ich glaube, er wird auch sehr froh sein, wenn er seinen Ernesto wieder hat, er entbehrt Dich sehr, das merke ich ihm an! Mein Ernstliebchen, ich fühle wohl am besten, was Dich, meinen lieben, herzensguten Mann, entbehren heißt! Aber ich nehme mich zusammen und sage mir immer von neuem, daß für uns beide die Trennung heilsam war und wir uns beide nun recht frisch wiedersehen! . . .

Wie ist es denn mit den Schwammerlingen? Von Engelmann ist noch nichts angekommen. Heute nachmittag habe ich in Gesellschaft von vielen Bekannten und dem jüngsten Herrn Frommann sehr vergnügt Boccia gespielt, wir waren zehn Personen, und ich brachte sie alle in solches Feuer, daß wir ganz leidenschaftlich wurden, es war sehr nett, aber immer mußte ich an Dich denken, da wärīs noch ganz anders gewesen, wenn Du dabei gewesen wärest, mein lieber Ernst . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999