"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

30. Brief

Jena, den 10. September 1868.




Mein liebes, liebes Herz! Ach, wie bin ich froh, endlich wieder Nachricht von Dir zu haben. Ich habe mich so sehr um Dich, mein lieber, süßer Ernst, geängstigt. In den letzten zwei Tagen habe ich keinen anderen Gedanken gehabt als, wie mag es meinem liebsten Schatz auf Erden ergehn, und so, wie Du mir von Deiner dicken Backe schriebst, habe ich mir gleich gedacht, daß es ganz die alte Geschichte wie dieses Frühjahr sei, wo Du recht krank warst, Du armes Herzenstierchen. Was hätte Deine kleine Frau darum gegeben, wenn sie hätte gleich nach Jenbach zu Dir fliegen können, um Dich so zärtlich zu pflegen, ach wie lieb und zärtlich hätte ich Dich behandelt, Du mein ganzes Glück! Nimm Dich aber nun recht, recht in acht noch diese letzten Tage, Du unvorsichtiger Mann, denn das bist und bleibst Du doch einmal, und Dein Frauchen wird Dich nicht wieder allein reisen lassen; wenn sie irgendwie mit Dir fort kann, wird sie sich fest an Dich hängen. Allmers ist aber auch Prügel wert, daß er Dich allein nach Jenbach zurückgelassen hat, wo Dir doch schon so elend war, mein liebes, armes Duchen! Nach Riva hatte ich Dir einen langen Brief geschrieben, und Müller hat dorthin auch die verbesserte Affengesellschaft geschickt. Beides wird nun bald wieder hierherkommen. Verzeih meine schlechten, flüchtigen Zeilen, ich will den Brief aber rasch noch zur Post haben, damit Du ihn noch in Karlsruhe findest. Kleide Dich ja recht warm, hörst Du wohl, mein Liebchen! Ach Gott, der Mann ist zu leichtsinnig, Du mutest Deinem Körper zuviel zu, reise nur recht in Ruhe zurück, lieber will ich Dich noch einen Tag entbehren, und schone Dich nach Möglichkeit, daß ja kein neuer Fieberanfall dazukommt.

Deine Mutter hat mir heute geschrieben, und ich werde ihr gleich morgen Nachricht von Dir geben.

Wenn ich Dich nur erst glücklich wieder in den Armen habe, weiter will ich nichts . . . Adieu, mein süßer Schatz, komme gesund zu mir, ich zähle Tage und Stunden. Deine Dich innig-innig liebende Agnes . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999