"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

192. Brief

Bignasco, 4. September 1894.




. . . Ich hatte in Zürich 6 sehr angenehme Tage bei Langs, beide waren sehr liebenswürdig und behandelten mich wie ihren Papa. Die gemeinsame Exkursion nach Einsiedeln und die auf den großen Mythen waren höchst gelungen, ich ersah zu meinem Trost, daß ich doch immer noch 4 Stunden steil klettern kann, wenn auch mit viel Schweiß und Herzklopfen. Am Freitag, 31. August, hospitierte ich bei dem großen internationalen Geologen- Kongreß. Ich sah eine Masse alter Bekannter wieder . . . In der 2. offentlichen Sitzung hielt Zittel einge große Rede über Phylogenie, Ontogenie und Systematik, äußerst schwach im Inhalt (à la Virchow), aber schön in der Form, daher viel Applaus. Im Anfang pries er die Deszendenztheorie, die erst noch bewiesen werden müsse!! Dabei eine Masse von Irrtümern! Das allgemeine urteil der Sachkundigen var: "Kläglich!" Nachmittag schönes Fest der Geologen auf dem Uetliberg.

Am 1. September fuhr ich von Zürich nach Airolo . . ., am 2. September früh von Airolo Exkursion nach Fontana. Mittag per Bahn nach Locarno. Nachmittag 4-8 Stunden herrlicht Postfahrt (allein im Coupé) nach Bignasco, durch das Val Maggia, das ganz meinen hohen Erwartungen entspricht. Höchst malerische Felsentäler, Wasserfälle, üppigste italienische Vegetation, im Hintergrund Gletscher . . . Jeden Tag male ich 2-3 Skizzen. Am 9. September gehe ich nach Locarno zurück, bin am 10. am Lago Maggiore, am 11. zurück über den Gotthard. Werde in Luzern nach Post fragen . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999