"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

185. Brief

Shandon Dumbartonshire, 29. August 1892.




Mein geliebtes Röschen! Da die Postkarte zu wenig sagte, füge ich noch einiges hinzu. Die Plankton-Reise nach Schottland ist ziemlich anstrengend und keine Erholung. Der gute Murray tut zwar alles, um sie mir zu erleichtern. Ich merke aber, daß ich "ein alter Herr" werde und die Strapazen der "marinen Zoologie" nicht mehr so wie früher ertragen kann. Auch ist der Zwang der englischen Gesellschaft sehr ungemütlich.

Das Schiff Weimar, auf dem ich am 25. in Edinburgh ankam, hatte 30 russische Auswanderer (Juden) an Bord. Unter diesen brach gleich Ankunft die Cholera aus, und 2 sind am 26. gestorben! In Hamburg scheint sie schlimm zu sein. Ich werde wohl meine schottische Reise möglichst abkürzen, diese Woche noch fischen, am Sonntag nach Glasgow zu Rottenburg gehen (Helmhurst) und Sonntag dort bleiben. Doch hängt es davon ab, ob sich die Cholera ausbreitet. Am liebsten ginge ich direkt zurück (London, Vlissingen, Köln). Falls die Cholera in den deutschen Städten sich ausbreitet, wäre es vielleicht am besten, wenn wir noch etwas zusammen ins Oberland gingen (Oberbayern). Oder wollen wir uns lieber in unserer trauten Medusen- Villa verschanzen und alles ruhig abwarten? Wie lange wollt Ihr noch in Kissingen bleiben? Schreibe mir jedenfalls nach Glasgow . . . Ich sehne mich sehr nach Dir, mein geliebtes Herz, und wollte, ich wäre schon zurück! Diese Woche werde ich es wohl noch aushalten . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999