"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

117. Brief

Jena, den 5. März 1877.




Lieber Herzensernst! Also neun Tage hast du Deine liebend Gattin auf Nachricht warten lassen, jeden Tag habe ich mehr und mehr Sorge um Dich gehabt, fürchtete besonders, Du seiest etwa unwohl bei diesem kalten, widerwärtigen Wetter geworden. Versprochendermaßen schrieb ich Dir schon am 27. als Dein gehorsames Weib, aber siehe da, von Dir kam kein Brief an, wie Du mir ebenso fest versprochen hattest, schon von Graz aus zu schreiben! In Deinem heutigen Brief steht nichts vom Empfang meiner liebenden Zeilen, was mich wundert! Nun vor allem schreibst Du mir jetzt hübsch pünktlich, lieblich und viel, Du unartiger Mann, weißt gar nicht, welche Angst ich um diesen Egoisten gehabt habe! An Deine Mutter, die nun vollends in größter Unruhe am den "alten Herzensjungen" sein wird, werde ich heute noch einige Beruhigungszeilen schreiben. Halte Dich nur hübsch frisch! Ich sage Dir, īs ist scheußlich, so allein, ich esse fast nichts, und abends lese ich und spiele Klavier auf Leben und Tod . . . Prof. von Seydlitz wollte Dich auf seiner Reise nach Neapel besuchen, ich schrieb ihm, daß Du bereits abgereist seiest. Dann ein Brief von einem Max Henckel aus Breslau, der Dich Ostern besuchen will. Da ich aber nicht weiß, ob es nicht etwa Graf Henckel von Donnersmarck, Dein alter Schulfreund, ist, so lege ich Dir seine Zeilen mit bei, Du kannst ihm dann selbst antworten . . . Ade, mein liebster Mann, schreibe bald Deiner Agnes. - Ich lese jetzt ein sehr interessantes Buch "69 Jahre am Preußischen Hofe" von Gräfin von Voß.





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999