"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

107. Brief

Mainz, Sonntag, 12. März 1876.




Liebste Agnes! Meine sonderbare Kunstreise "Über das Leben der Urtiere" ist bis jetzt ganz glücklich vonstatten gegangen. Je scheußlicher das unaufhörliche kalte und stürmische Regenwetter, deste freundlicher und liebenswürdiger sind die Leute, die mich zu dieser Reise veranlaßt haben. Als gutes Omen zu Anfang der Reise traf ich auf dem Bahnhof den alten Senior Hase, den ich sonst regelmäßig in Italien treffe, zuletzt vorm Jahre in Florenz. Er ging wieder nach Rom, und ich wäre mit ihm lieber dahin als nach Frankfurt und Mainz gereist.

Die kolossalen Überschwemmungen zeigten sich überall auf der Fahrt nach Frankfurt. An vielen Stellen erreichte der unerhört hohe Wasserstand beinahe die Schienen der Eisenbahn. Ringsum nichts als Wasser, aus dem Häuser und Bäume wie Inselchen hervorragten.

In Frankfurt (wo ich im "Schwan" sehr elegant logierte) wurde ich von den Vorständen des "Museums" freundlichst empfangen, hing am Freitagvormittag meine Tafeln auf und hielt am Abend unter großem Beifall (mit sympathischem Applaus schon empfangen) meine Vortrag, großenteils frei. Daran schloß sich ein glänzendes Souper, zu dem sich die literarischen und wissenschaftlichen Notabilitäten versammelt hatten. Sonnabend (11.) vormittag nach Wiesbaden gefahren, wo ich Schleiden . : . besuchte, abends Vortrag im großen Kursaal. Wieder freundlichter Beifall. Nachher Souper im großen Kursaal. Wieder freundlichster Beifall. Nachher Souper im "Grand Hotel". Heute bei Schleiden . . . Nachmittags 4 Uhr hierher gefahren. Morgen hier Vortrag. Dienstag oder Mittwoch nach Heidelberg . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999