Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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10. Ergänzende Bemerkungen über die Sialsphäre. 185

wärtig noch nicht überblicken läßt, so werden sie jedenfalls als mitwirkend bei der Gestaltung der Erdoberfläche in Betracht kommen.

Unsere Ausführungen werden dem Leser gezeigt haben, daß die Frage nach den Kräften, welche die Kontinentverschiebungen verursacht haben und verursachen, mit Ausnahme der bereits gut untersuchten Polfluchtkraft noch völlig in den Anfängen steckt.

Das eine darf aber als sicher angenommen werden: Die Kräfte, welche die Kontinente verschieben, sind dieselben, welche die großen Faltengebirge erzeugen. Kontinentverschiebungen, Spaltung und Zusammenschub, Erdbeben, Vulkanismus, Transgressionswechsel und Polwanderungen stehen untereinander zweifellos in einem großartigen ursächlichen Zusammenhang. Das zeigt schon ihre gemeinsame Steigerung in gewissen Perioden der Erdgeschichte. Was aber Ursache und was Wirkung ist, muß erst die Zukunft enthüllen.

Zehntes Kapitel. Ergänzende Bemerkungen über die Sialsphäre.

Nachdem in den früheren Kapiteln die Hauptbeweisgründe für die Verschiebungstheorie besprochen sind, wollen wir diese nun als richtig voraussetzen und in diesem und dem folgenden Kapitel gewissermaßen als Anhang eine Reihe von Erscheinungen und Problemen besprechen, die immerhin so eng mit unserer Theorie verknüpft sind, daß eine Auseinandersetzung mit ihnen wünschenswert erscheint. Ich möchte betonen, daß diese Ausführungen mehr bezwecken, Fragen aufzuwerfen und Anregungen zu geben, als endgültige Lösungen.

Betrachten wir zunächst die Sialsphäre, die heute nur noch in Bruchstücken in Gestalt der Kontinentalschollen die Erde bedeckt.

In Abb. 46 ist zunächst eine Erdkarte der Kontinentalschollen gegeben. Da die Schelfe zu ihnen gehören, weichen diese Konturen an manchen Stellen erheblich von den bekannten Küstenlinien ab. Es ist für unsere Betrachtungen wichtig, sich von dem gewohnten Bilde der Erdkarte frei zu machen und eine gewisse Vertrautheit mit diesen Konturen der vollständigen Kontinentalschollen zu gewinnen. In der Regel gibt die 200-m-Tiefenlinie am besten den Rand dieser Tafeln wieder, doch erreichen einige Teile, die noch sicher zu den Kontinentaltafeln gehören, auch 500 m Tiefe.


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003