Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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116 6. Paläontologische und biologische Argumente.

letzteres ist aber das Kennzeichen alter, ersteres das jung besiedelter Gebiete.

Svedelius [155] hat kürzlich in einer Studie über die diskontinuierliche geographische Verbreitung einiger tropischer und subtropischer mariner Algen darauf hingewiesen, daß das Material zwar für eine Prüfung der Verschiebungstheorie nicht ausreicht; „doch ist zu beachten, daß meine Untersuchung zeigt, daß die Mehrzahl der älteren Genera der Algen offensichtlich ihre Hauptverbreitung im Indisch-Pazifischen Ozean haben, von wo aus sie in den Atlantik eingewandert sind. Nur in ein oder zwei Fällen scheint die Wanderung in umgekehrter Richtung vor sich gegangen zu sein. So darf die Algenflora des Atlantik vielleicht für jünger angesehen werden als die des Indisch-Pazifischen Ozeans. Dies widerspricht nicht Wegeners Theorie, nach welcher der Atlantik viel jüngeren Alters ist als der Indisch-Pazifische Ozean."

Die pazifischen Inseln (mitsamt ihrem submarinen Unterbau) werden in der Verschiebungstheorie als von den Kontinentalschollen abgelöste Randketten betrachtet, die bei der allgemeinen, vorwiegend westlich gerichteten Bewegung der Erdkruste über den Kern allmählich nach Osten zurückgeblieben sind (vgl. Kap. 8). Ihre Heimat wäre hiernach, ohne auf Einzelheiten einzugehen, auf der asiatischen Seite des Ozeans zu suchen, der sie jedenfalls in den hier betrachteten geologischen Zeiten erheblich näher als heute gelegen haben müssen.

Die biologischen Verhältnisse scheinen dies zu bestätigen. So haben nach Griesebach [147] und Drude [148] die Hawaiinseln eine Flora, die am nächsten verwandt nicht mit Nordamerika ist, das ihnen doch am nächsten liegt, und von dem heute Luft- und Meeresströmung herkommen, sondern mit der alten Welt. Die Insel Juan Fernandez zeigt nach Skottsberg botanisch gar keine Verwandtschaft mit der doch so nahen Küste von Chile, sondern mit Feuerland, Antarktika, Neuseeland und den anderen pazifischen Inseln. Doch sei hervorgehoben, daß die biologischen Verhältnisse auf Inseln allgemein schwerer zu deuten sind als diejenigen auf größeren Landräumen.

Zum Schluß seien noch einige neuere Arbeiten besprochen, die als die ersten eingehenderen Spezialarbeiten unter Berücksichtigung der Verschiebungstheorie von besonderer Wichtigkeit sind. Den Anfang machte Irmschers 1922 erschienene große Untersuchung „Pflanzenverbreitung und Entwicklung der Kontinente" [150]. Es


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003