Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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5. Geologische Argumente.

daß es vor dem Zusammenschub neben Madagaskar gelegen haben muß. Für eine versunkene Lemuria im alten Sinne bleibt kein Platz. Die Spuren dieses riesigen Zusammenschubs sind auch rechts und links von der ziemlich schmalen Schubzone noch zu erkennen. Die Loslösung Madagaskars von Afrika, das ganze System junger Grabenbrüche in Ostafrika, zu dem auch das Rote Meer und das Jordantal gehört, bilden Teilerscheinungen in diesem Bilde. Die Somalihalbinsel dürfte etwas nach Norden herumgeschleppt sein und die Aufpressung des abessinischen Gebirges hiermit zusammenhängen; die hier nach unten über die Schmelzisotherme hinaus versenkten Sialmassen flössen unter der Scholle nach Nordosten, um hier im Winkel zwischen Abessinien und der Somalihalbinsel herauszuquellen. Auch Arabien spürte noch den Zug nach Nordosten und hat die Ausläufer des Akdargebirges wie einen Sporn in die persischen

Meridianschnitt durch den lemurischen Zusammenschub, nach Argand.

1 = Lemurien (Indien); 2 = Asien.

Gebirgsketten hineingedrängt. Die fächerförmige Scharung der Bergketten des Hindukusch- und Soleimangebirges deutet an, daß hier die westliche Grenze des Zusammenschubs erreicht ist; ihr getreues Spiegelbild tritt auch am Ostrand desselben auf, wo die Bergketten von Burma aus der durch Annam, Malakka und Sumatra vorgezeichneten Richtung heraus bis zur Nordsüdrichtung herumgeschleppt werden. Das ganze östliche Asien ist wohl noch von diesem Zusammenschub betroffen worden, der seine westliche Begrenzung in dem gestaffelten Faltensystem zwischen Hindukusch und Baikalsee und dessen Fortsetzung bis zur Beringstraße findet, während die Ostgrenze durch die bauchigen Küstenformen mit den Inselgirlanden Ostasiens gebildet wird.

Auf den ersten Blick könnten diese Ansichten vielleicht phantastisch erscheinen, aber sie werden durch die neueren Untersuchungen der Gebirgstektoniker durchaus bestätigt. Insbesondere gilt dies


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003