Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane (1929)

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4. Geophysikalische Argumente. 39

Länge nach von der mittelatlantischen Bodenschwelle durchzogen wird. Aber auch die anderen Tiefseebecken zeigen mit ihren Inselketten und unterseeischen Erhebungen Ähnliches. Auf Einzelheiten wird später im Abschnitt über den Tiefseeboden näher eingegangen werden.

Es ist nicht undenkbar, daß das hier erörterte Schema im weiteren Verlauf der Forschung sich nur als Haupterscheinung herausstellen wird, und daß zu einer genauen Darstellung der wirklichen Verhältnisse noch Komplikationen eingeführt werden müssen. So fand ich selber [37] bei einer statistischen Untersuchung der ersten, von amerikanischer Seite gewonnenen Echolotungen quer über den Nordatlantik, daß das Hauptmaximum der Häufigkeit hier wesentlich tiefer, bei etwa 5000 m Tiefe, lag, und daß anderseits ein sekundäres Häufigkeitsmaximum bei 4400 m Tiefe zu erkennen war. Über die Realität dieses letzteren Maximums, das auf eine mehrfache Schichtung hinweisen würde, wird man allerdings erst auf Grund der viel zahlreicheren Echolotungen der deutschen „Meteor"-Expedition ein Urteil gewinnen, die gegenwärtig noch nicht daraufhin untersucht sind.

Es entsteht natürlich die Frage, ob die Anschauung von der grundsätzlichen Verschiedenheit der Kontinentalschollen und der Tiefseebecken und von den horizontalen Verschiebungen der ersteren sich mit den übrigen Ergebnissen der Geophysik verträgt bzw. ob sich von dieser Seite her Bestätigungen für ihre Richtigkeit erbringen lassen.

Was zunächst die schon früher erwähnte Isostasielehre betrifft, so steht sie mit dem ganzen Vorstellungskreis der Verschiebungstheorie natürlich in bester Übereinstimmung, aber ein direkter Nachweis der Richtigkeit ist auf diesem Wege kaum zu erbringen. Wir wollen im folgenden etwas näher auf diese Untersuchungen eingehen.

Ihre physikalische Begründung fand diese von Pratt herrührende Lehre von der Isostasie (das Wort wurde erst 1892 von Dutton geprägt) durch die Schweremessungen. Schon 1855 hatte Pratt festgestellt, daß der Himalaja nicht die erwartete Anziehung auf das Lot ausübt; nach Kossmat beträgt z. B. in Kaliana in der Gangesebene, 56 englische Meilen vom Gebirgsfuß entfernt, die Nordkomponente der Lotablenkung nur eine Bogensekunde, während die Anziehung des Gebirges eine solche von 58 Bogensekunden verursachen sollte, und ähnlich zeigt Jalpaiguri nur eine Bogensekunde


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen, Bearbeitung und OCR durch Kurt Stüber, Oktober 2003.
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© Kurt Stueber, 2003