Richard Semon: Im australischen Busch und an den Küsten des Korallenmeeres. (1903)

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12 Von Jena bis Queensland.

Parlaments, die dem dichter bevölkerten Süden besonders zu Gute kommt, und bei dem Sitze aller Zentralgewalten in Brisbane die Verteilung von Leistung und Gegenleistung keine gerechte sei. Bisher haben sie wohl wenig Aussicht auf die Verwirklichung ihrer Separationsgelüste. Später aber, wenn die Bevölkerung auch in den nördlichen Teilen von Queensland, Süd- und Westaustralien erheblich zugenommen hat, werden die Kolonien wahrscheinlich denselben Weg einschlagen, den die Vereinigten Staaten von Amerika erfolgreich vor ihnen beschritten haben.

Für Politik herrscht in der Hauptstadt des jungen Staatenorganismus ein lebhaftes Interesse, während man draußen in den kleinen Städten und Ansiedlungen wenig davon spürt. Allgemein dagegen ist die Neigung zu Spekulationen, besonders solchen in Goldminen, und die Liebe zum Sport, vor allem dem Rennsport. Komme man in Brisbane in was für Kreise man wolle: fast immer dreht sich die Unterhaltung der Männer um diese drei Angelpunkte.

Von Brisbane machte ich einen Ausflug flußaufwärts nach Ipswich am Bremer River, einem Nebenfluß des Brisbane. Die aufblühende Stadt liegt in einem landwirtschaftlich sehr begünstigten Distrikt und verspricht eine bedeutende Zukunft durch den Besitz reicher Kohlenlager. Auch Sandgate, das kleine Seebad bei Brisbane an der Moreton-Bay, besuchte ich und erfreute mich an dem hübschen Ausblick auf die Bai und an einem kräftigen Seebade.

Für meine Weiterreise nach Maryborough wählte ich diesmal die Eisenbahn; später habe ich die Reise auch zu Schiff längs der Küste zurückgelegt. Die Eisenbahnfahrt bietet manches interessante. Hinter Brisbane sieht man ganze Felder längs der Bahn mit Ananas bepflanzt, die regelrecht in Reihen gestellt sind, wie Kohlköpfe oder Rüben. Vor Gympie ist die Schienenstraße durch einen dichten tropischen Urwald gelegt. Eine undurchdringliche Mauer von mächtigen Palmen, Feigenbäumen, Eucalypten, Araucarien und Dammara erhebt sich zu beiden Seiten des Bahnkörpers. Schlingpflanzen winden sich von Baum zu Baum, im Astwerk haben sich mächtige epiphytische Farne und eigentümlich gelbbraune Orchideen eingenistet. Dieser Anblick sticht auffallend ab von dem gewöhnlichen australischen Landschaftsbild, der offenen Parklandschaft und dem Akaziendickicht oder Scrub. Ich komme später noch auf die Bedingungen zurück, unter denen sich in Australien die sehr verschiedenen Vegetationstypen entwickeln.

Die Bahn führt dann nach Gympie, einem der Hauptgoldfelder Queenslands mit einer Bevölkerung von fast 8500 Einwohnern. Das edle Metall wurde hier zuerst im Jahre 1867 entdeckt, und man hat


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von der Universitätsbibliothek Köln zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Oktober, 2003.
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© Kurt Stueber, 2003