11. Abschnitt: Nördliche peruanische Anden mit Ayabaca.

Vor dem Abflug

Am 10. 5. starteten wir mit dem Flugzeug nach Piura. Der Flug zeigte deutlich den Wüstencharakter der Westküste. Einzelne grüne Oasen bewiesen die Fruchtbarkeit des Landes, wenn Wasser zur Verfügung stand. Die Landwirtschaft konzentriert sich auf Mais, Zuckerrohr und Baumwolle.

Wir wurden vom Leiter der Station, dem Chinesen Wu-Chang in Piura empfangen. Er stellte uns freundlicherweise einen Chevrolet Pick-up mit Chauffeur zur Verfügung.

Hier im Norden, fast unter dem Aequator empfing uns eine ganz anders zusammengesetzte Vegetation. Die Terrassen (Tablazzos), die den Anden vorgelagert sind, werden von einer Baumsavanne eingenommen, die dem Vegetationsgürtel des Trockenwaldes angehört. Schirmakazien sind vorherrschend. Wir fanden Caesalpinia corymbosa. Cercidium praecox, Bombax discolor etc.

Kaktee

Hieran schloß sich eine mit Kakteen reich durchsetzte Stufe an, die durch reichen Unterwuchs (Salvia, Petunia, Datura) und durch zahlreiche Windenpflanzen wie Ipomea, Tropaeolum, Cucurbita etc. auffiel. Hier konnten wir ein Lycopersicum pimpinellifolium sammeln und ein unbekanntes Phaseolus.

Bäme

Zwischen 800 und 900 m etwa wurde die Bäume häufiger. Charakteristisch waren jetzt Erythrina spec. und die Tonnenbäume Ceiba spec. und Chorisia insignis (?). Letztere sind sommergrün und besitzen eine grüne Rinde, die ihnen die Assimilation auch in der blattlosen Trockenzeit erlaubt. Sie speichern Wasser in dem schwammigen Gewebe des tonnenförmig verdickten Stammes. In den feuchteren Regionen waren diese Bäume über und über besetzt mit Trichterbromelien und Tillandsien. Die lang herabhängenden Bärte von Tillandsia usneoides machten den Eindruck eines Märchenwaldes. Wir fanden hier zwei weitere Phaseolus und ein Solanum, das aber wahrscheinlich, weil nicht knollentragend, einer abweichenden Solanumgruppe angehört, die mit den Kulturkartoffeln nicht kreuzbar ist. In dieser Region gibt es große Kulturen von Bananen, Orangen, Yuca (Manihot utilissima), Zuckerrohr etc.

Höher hinauf kamen wir schon in den Beginn der Nebelzone. Die immergrünen Gehölze wurden häufiger. Die Kakteen verschwanden. Als Unterwuchs fielen Mimosa spec. und Rizinus spec. auf.

Duch Regen war der Weg aufgeweicht. Das Reifenprofil unseres entliehenen Wagens war wenig geeignet. Hinzu kamen tiefe Radrinnen im Weg, die den Wagen sehr oft aufsitzen ließen. Mit Hacke und Spaten mussten wir ihn alle paar Kilometer freiarbeiten. Wer irgend des Weges kam, wurde aufgefordert, uns den Wagen durch die Wasserlöcher schieben zu helfen. Spät in der Nacht kamen wir zu einer Siedlung, Puente Arraypite. Wir klopften an eine Hütte, die man uns wies, und trafen einen freundlichen Mann, der uns auf einer Bank aus Bambustöcken schlafen ließ bzw. auf Brettern eine Liegestatt bereitete. Als Nachtmahl gab es Ziegenfleisch und Yuca. Es schmeckte uns sehr gut. Wir teilten den einzigen Raum der Hütte mit kleinen Ferkeln, Hunden und einem Papagei. Die Familie schlief hinter einem Verschlag.

Schweinehaltung

Am nächsten Morgen ging es durch die Region einer "Ziegenkultur" im selben Stil weiter. Geduld zu üben hatten wir ja gelernt, und wir erreichten schließlich unser Ziel, Ayabaca.

In der Region des Nebelwaldes oder hier besser Nebelgebüsches (um 1500 m) zeigten sich Ericacee, Melastomaceen, Fuchsia, Moose, Selaginellen und viele Flechten an den Bäumen. Hier fanden wir auch die ersten knollentragenden Solanumarten und zwar S. piruae und eine unbekannte Art. S. piruae gehört der Serie Piruana an, die hier oben ihre Hauptverbreitung besitzt. Diese Serie fällt aus den übrigen Serien durch ihre glänzenden Blätter und durch andere Eigenschaften stark heraus. S. piruae gehört zu den resistentesten Arten gegen Phytophthora, die wir heute kennen. Eine verwandte Art, S. chomatophilum ist hochresistent gegen Frost.

Vor Ayabaca wurde die Vegetation häufig durch weite Grasflächen unterbrochen. Hier fanden wir Begonien, Gentiana, Passiflora, Brombeere, Graslilien etc. Außer S. piruae kamen mehrere unbekannte Solanum species vor, sowie eine baumförmige Lupine, vielleicht L. paniculatus und andere kleine Lupinen.

Ayabaca (2700 m) ist ein kleines entlegenes Städtchen, in dem unser Auftauchen eine rechte Sensation bildete. Durch das Landwirtschaftsministerium waren wir dem stationierten Veterinär angekündigt. Da Ing. Bonavides kaum englisch sprach, und unser spanisch doch ziemlich dürftig war, wurde ein englisch sprechender Zahnarzt als Dolmetscher gebeten. Man führte uns zum Alkalden und mehreren anderen offiziellen Persönlichkeiten, und dann konnten wir sammeln, begleitet von einem Aufgebot an Helfern, das uns mehr peinlich als dienlich war.

Auf dem Rückweg übernachteten wir wieder bei unserem Freund in Puente Arraypite. Des Gefälles wegen ging die Fahrt etwas besser vonstatten. Wunderbar war den Blick von obern auf die geschlossene Wolkendecke unter uns, aus der Berggipfel herausragten.

Wolken

Wegen der Nähe der ekuadorischen Grenze gibt es in diesem Gebiet einige Garnisonen. In Paimans wurden wir daher sehr ernsthaft kontrolliert. Seit Jahrzehnten herrscht Uneinigkeit zwischen den beiden Staaten über ihren Grenzverlauf. Der freundliche Fahrer brachte uns nach Talara, einer Hafenstadt mit Ölraffinerien, von wo wir am nächsten Morgen nach Guayaquil flogen.