Berg- und Seefahrten (1923)

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gegen leiten ihn die ersten christlichen Eroberer der Insel, die Portugiesen, vom heiligen Thomas ab, dem Apostel, der hier zuerst das Christentum gepredigt habe. Wiederum eine andere Deutung gewann er schon frühzeitig bei den Persern. Hier ist der Urheber desselben Alexander der Große, dessen Inderzug für das ganze Morgenland eine reiche Sagenquelle wurde. Der persische Dichter Aschref aus Herath, der selbst eine Pilgerfahrt auf den Adams-Pik unternommen hatte, beschreibt in einem blumenreichen Epos den fabelhaften Seezug Iskanders oder Alexanders nach Serendib (der alte Name der Insel bei den Arabern). Der mazedonische Eroberer besteigt, am Ende der Welt angelangt, die höchste Bergspitze der wundervollen Paradiesinsel und hinterläßt daselbst als bleibendes Denkmal den Eindruck seines gewaltigen Fußes. Freilich wissen die griechischen Geschichtsschreiber nichts von einer solchen Umschiffung Indiens und von dem Besuche Alexanders auf Ceylon; aber nichtsdestoweniger gewann auch dieser persische Mythus eine weite Verbreitung.

So ist es denn eine gar seltsame und wunderliche Gesellschaft, welche die erfindungsreiche Sage auf dem himmelanstrebenden Gipfel des blauen Ceylon-Piks versammelt. Da streiten sich um die Ehre ihre Fußtapfens der indische Gott Buddha mit dem christlichen Apostel Thomas, der brahmanische Gott Siva mit dem singhalesischen Wächtergott Saman, der mazedonische Welteroberer Alexander mti dem semitischen Urvater des Menschengeschlechts, mit Adam. Dieser letzte aber hat in den schwierigen Wettkampfe den Sieg gewonnen; denn nach ihm wird der weltberühmte Berg noch heute endgültig benannt, und er ist es ja auch, der so vielen andern wichtigen Punkten dere uralten Paradiesinsel seinen Namen hinterlassen hat. Denn die Adamsbrücke ist es, die Ceylon früher mit dem indischen Festlande in Verbindung setzte und auf welcher die indischen Tiere und Pflanzen in früheren geologischen Perioden ebenso auf die Insel hinüberwanderten, wie später die malabarischen Eroberer, die schwarzen Tamilen. Adamsgarten ist das prachtvolle, blumenreiche Paradies, welches sich am Fuße des Berges ausbreitet, und Adamsfrucht die herrliche Paradiesfeige oder Banane, die zuden edelsten Geschenken der reichen singhalesischen Flora gehört; sie bildete die Nahrung der ersten Menschenkinder, der Adamiten von Ceylon. Die kostbaren Edelsteine, an denen die Insel reich ist, sind Adamstränen. Eine dunkte Felsenhöhle unterhalb des Berggipfels ist das Adamshaus, von ihm selbt mit eigenen Händen aus Felsplatten erbaut; und die prachtvollen Rhododendronbäume, die dasselbe beschatten und mit ihren blutroten Riesenblumen überschütten, sind Adamsrosen. Der schöne Teich endlich am Fuße des Berges, dessen kristallklares Wasser ein Felsenquell direkt aus dem Paradiese herleitet, ist das heilige Adamsbad.

Angesichts dieses blumenreichen Sagengewandes, das den stolzen Adams-Pik vom Fuße bis zum Gipfel umhüllt, und das über drei Weltteile seinen mystischen Schatten ausbreitet, dürfen wir wohl mit Fug und


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Stüber zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Juni, 2003. Eingabe des Textes durch Kurt Stüber, Oktober, 2003.
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