Berg- und Seefahrten (1923)

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dort liegenden "One gun battery" jetzt nach "El Kanon" oder "Kanoni" genannt. Am Anfange dieser Halbinsel leigt nun die vorerwähnte Villa reale, eine Parkanlage voll der schönsten Bäume und Buschpartien, mitden herrlichsten Aussichtspunkten auf Stadt und See. Da finden wir nicht allein die überall auf der Insel kultivierten Bäume des Südens, Olive und Zypresse, Orange und Limone, Feige und japanische Mispel in ganz vorzüglichen Prachtexemplaren, dazwischen den überall mit Purpurblüten bedeckten Judasbaumn (Cercis), sondern auch zahlreiche fremde Prachtbäume und Ziersträucher, die in dem subtropischen Klima dieser geschützten Lage trefflich gedeihen; so namentlich verschiedene Palmen und Baumlilien, Magnolien und Paulownien, Araukarien und Pittosporen, Pirkunien und Eukalyptus, dazwischen Bananen, Papyrus, Aloe, Glyzinia, Phormium usw. Inmitten dieser prachtvollen Vegetation erhebt sich auf dem ersten freien Hügelkopfe jener geschmackvolle Villenbau. Von der Plattform desselben genießt man eine der schönsten Aussichten: unmittelbar zu Füßen links das schattige Dickicht der üppigsten Vegetation, rechts die phantastisch zerrissene, steil aus dem Meer aufsteigenden Felsenküste, dann die malerische Zitadelle in ihrer ganzen Länge, wie ein schlafender Löwe vor den Toren der schimmernden Stadt ausgebreitet, endlich im Hintergrunde der stolze Rücken des Pantokrator mit seinen beiden Spitzkuppeln, und ringsumher der herrliche blaue Spiegel des großartigen Seebeckens, umschlossen von den schneebedeckten Bergen von Epirus. Hier soll der schimmernde Palast des gütigen Phäakenherrschers Alkinoos gestanden haben! Dr. Schliemann, der hier 1868 auf seiner ersten Reise ins homerische Land weilte, glaubt mit Bestimmtheit diesen Punkt, den Gipfel der paradiesischen Halbinsel, als denjenigen bezeichnen zu können, der vor allen anderen zur phäakischen Königsburg sich eignete. Und in der Tat, herrlich genug ist er dazu! Homerischer Sagenduft schwebt über diesem Paradiesgarten!

Die schönste Partie des königlichen Parkes liegt jedoch hinter dem Schloß, wo schattige Laubengänge und Treppenwege, ganz im dichtesten Gebüsch versteckt, die steilen Felsgehänge hinab zum Meere führen. Hier wuchert der Efeu, die Brombeere, die Stechwinde (Smilax) und mache andere Schlingpflange in der üppigsten Pracht, alle die alten Baumstämme und Felsblöcke überziehend und umschlingend. Kaum kann ein Sonnenstrahl durch das dichte Laubdach hindurch dringen! Hier und da verlocken stille Lauben und anmutgie Bänke zur Ruhe in diesem kühlen Asyl, dessen einsame Stille nur durch die rauschende Wogenmusik des nahen Strandes unterbrochen wird. Hier unten sind auch in einer reizenden Bucht die königlichen Bäder versteckt. Etwas weiterhin finden wir, wieder emporsteigend, neue herrliche Aussichtspunkte, von denen jeder das vorhin skizzierte Bild in neuer Umrahmung uns vor Augen stellt. Noch weiter auf der HÖhe geht der königliche Park ohne scharfe Grenze


Faxsimile (Scan) dieser Textseite.

Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Stüber zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Juni, 2003. Eingabe des Textes durch Kurt Stüber, Oktober, 2003.
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