Berg- und Seefahrten (1923)

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Marokko auf die Phantasie ausübt, nicht zu widerstehen, und trennten sich von uns am 7. März morgens, um unter Begleitung eines Soldaten und eines Dolmetschers diese zweifelhafte Reise anzutreten.

Tagebuch von Mogador

Montag, den 5. März. Ankunft im Hafen von Mogador. Landung. Erste Wanderung durch die Stadt. Ein glücklicher Zufall wollte, daß der Tag unserer Ankunft in Mogador zugleich ein Markttag war, sodaß wir die bunte höchst gemischte Stadt- und Landbevölkerung sogleich in ihrem ganzen Glanze zu sehen bekamen.

In dem engen, finsteren Hofe unseres jüdischen Gasthauses wurde eine Auktion von Küchengeschirren abgehalten, welche ein prachtvolles Genrebild abgab; die bunten arabischen Gestalten mit untergeschlagenen Beinen reihenweise um den langen Tisch sitzend, auf welchem von einem alten weißbärtigen Juden die Auktion abgehalten wurde; Kinder und HUnde in Menge dazwischen, viel Neugierige und Bettler einen weiten Kreis um die Gruppe bildend. Wie alle Handlungen und Verhandlungen in Mogador geschah auch diese Auktion unter dem fürchterlichsten Lärm, indem immer ein paar Dutzend arabische Kehlen ihre harten, gurgelnden Gaumenlaute durcheinander kreischten und dabei mit Fingern und Händen lebhaft gestikulierten und mit den ausdrucksvollsten Mienen ihr Geschrei ausstießen.

Dienstag, den 5. März, Wanderung durch alle Teile der Stadt, welche den ganzen Nachmittag einnahm. Die 3 Kirchhöfe vor den Toren besucht; der muhammedanische mit schönem Palmenhain, der jüdisch mit einer Masse ganz gleichförmiger weißer Grabsteine, der christliche nach europäischer Sitte eingerichtet. Nachmittag und Abend verbrachten wir auf dem Hauptplatz der Stadt, einem oblongen Viereck, welches rings von weiten Höfen umgeben ist, in deren Umgebung sich die arabischen Bazars, höchst seltsam ausgestattet, meist sehr kleine Verkaufsläden befinden. Aus diesem Hauptplatz versammelt sich gegen Abend, nach getaner Arbeit, die ganze maurische Bevölkerung, um sich auch nach ihrer Art zu belustigen. An vier bis sechs verschiedenen Stellen bilden sich Zuschauerkreise, in deren Mitte pantomimische Komödien, Gesänge, Ringspiele, Schlangen- und Geisterbeschwörung und dergleichen aufgeführt werden. Da wo sich der Zuschauerkreis an die Häuserwand des Platzes anlehnt, ist meist ein Feuer angezündet, um welches herum vier oder sechs Neger sitzen, die mit Tambourins, Kastagnetten und besonderen eigentümlichen Klapperinstrumenten einen monotoen Höllenlärm erregen, der hier als Musik bewundert wird.

Sehr amüsant sind die pantomimischen Possen und besonders die Schlangenbeschwörungen, amüsanter aber noch als die Akteure ist der


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Stüber zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Juni, 2003. Eingabe des Textes durch Kurt Stüber, Oktober, 2003.
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