Berg- und Seefahrten (1923)

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dichte Schwärme fuhren, und daß gewiß Milliarden davon unser Schiff streiften. Außerdem sahen wir ungefähr ein Dutzend große Seeschildkröten an der Oberfläche schwimmen.

Sonnabend, den 17. November, kam morgens die Insel Porto Santo in Sicht, ein sehr malerisch geformtes, vulkanisches Eiland nördlich von Madeira gelegen. Wir fuhren ganz nahe an der östlichen Küste desselben hin, sodaß wir seine grotesken Felsen und die einsam dazwischen eingeklemmte Stadt recht gut betrachten konnten.

Hinter Porto Santo zeigten sich östlich die Desertas, drei kleine Felseninseln westlich von Madeire gelegen, und nun erschienen die schönen, hohen Bergkämme der Insel Madeira selbst, der Gipfel in Wolken gehüllt. Unser Schiff fuhr längs der östlichen Küste hin um das Kap Lorenzo herum nach der Südseite, deren hellgrüne Zuckerrohrfelder sich prächtig von dem dunklen Rotbraun der vulkanischen Felsen abhoben. Um 3 Uhr nachmittags ließ die Lusitania auf der Reede von Funchal die Anker fallen, und um 4 Uhr betraten wir das Land von Madeira.

In dem ersten englischen Hotel (Holloway), in welchem wir für die ersten Tage vorläufiges Quartier nehmen wollten, ließ der Wirt uns eine halbe Stunde auf die Zimmer warten, sodaß wir in ein bescheidenes, daneben gelegenes italienisches Gasthaus (Giulietti) gingen, in welchem wir recht gut aufgehoben waren und gerade dreimal billiger wohnten.

Den Rest des Tages verbrachten wir mit dem Besuch einiger Gärten und mit einem Spaziergang am Strande, auf welchem wir zufällig auf zwei preußische Matrosen stießen. Diese berichteten uns, daßvon den beiden auf der Reede liegenden Kriegsschiffen das eine die preußische Fregatte "Niobe" sei, welche von hier nach Teneriffa gehe. Gleich darauf begegneten wir dem Stabsarzt der Fregatte, Dr. Zscheschke, welcher uns freundlichst einlud, ihn morgen an Bord zu besuchen.

Als wir in unser Hotel zurückkamen, erfuhren wir, was uns schon unterwegs versichert worden war, daß wegen der Quarantäne jetzt gar keine direkte Verbindung zwischen Madeira und Teneriffa existiere. (Sonst wird diese durch englische Schiffe der Westafrika-Kompanie vermittelt.) Wenn wir überhaupt noch die Kanaren besuchen wollten, so mußten wir die erste beste Gelegenheit benutzen, und da für usneren zoologischen Zweck Madeira viel weniger bietet als die Kanaren, so stieg alsbald der Gedanke auf, ob wir vielleicht mit der Niobe diese Fahrt machen könnten. Unser erster Gang am Sonntag, den 18. November, galt daher der Erkundigung zu diesem Zweck. Um 10 Uhr fuhren wir im Boot zu der Niobe hinüber, wo wir vom Stabsarzt und von den Schiffsoffizieren auf das freundlichste aufgenommen wurden. Der Kapitän Batsch, ein geborener Weimaraner, bewilligte sofort mit der größten Freundlichkeit unsere Bitte, und so war den unser Schicksal rasch entschieden.

Den Nachmittag benutzten wir, um in Gesellschaft des Dr. Zscheschke einen Ausflug nach dem 2 Stunden entfernten Cama di Lobos zu machen,


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Das Original des Werkes wurde freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Stüber zur Verfügung gestellt. Einscannen und bearbeiten durch Frank Al-Dabbagh, Juni, 2003. Eingabe des Textes durch Kurt Stüber, Oktober, 2003.
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