"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"

88. Brief

Jena, den 30 August 1873.




Liebster Mann! Du hast mir durch Dein langes Schweigen sehr unruhige Tage gemacht, über eine Woche hast Du vergehn lassen, ehe Du ein Lebenszeichen von Dir gabst, das war sehr unrecht und hat mir recht geschadet, ich war tagelang in fieberhafter Unruhe, wußte nicht, was ich von Deinem Schweigen denken sollte, ob Dir etwas zugestoßen sei! - Wäre es Deine Art, selten auf Reisen zu schreiben, würde ich mich nicht geängstigt haben, aber so hast Du mir ja bei jeder kleineren Tour rascher Nachricht gegeben, als gerade dieses Mal, wo Du wirklich doppelt Grund hast, Dein armes Frauchen recht rücksichtsvoll zu behandeln. Ich bin Dir recht sehr böse und dankte doch Gott, wie ich endlich gester mittag Nachricht von dem schlechten Mann erhielt und vorzüglich gute! - Mittwoch habe ich nach Chur poste restante an Dich geschrieben, im FallDu durchkommen würdest, um nur zu wissen, was mit Dir vorgefallen. Mutter und Clara haben sich mit mir geängstigt. Nun schreibee bald wieder und mache nicht zu anstrengende Touren, damit Du nicht wieder mehr mitgenommen als erfrischt ankommst! - Ich habe Dein ewiges Verreisen eigentlich recht satt, Du gewöhnst Dich so daran, daß Du in Jena kaum mehr warm wirst, und für mich ist es dieses Mal besonders recht schwer, allein zu sein, ich bin ganz melancholisch, und unsere Bekannten sind sehr verwundert, daß Du mich wieder allein läßt, Du unruhiger Mann! Nun erfrische Dich wenigstens wirklich! - . . .





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erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999